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Foto: Christoph Kramer

Der Abend der feinen Töne

Alsfeld (wl). Es war ein großer Violinabend. Wenn sich das vom Konzert einer 1992 geborenen Geigerin sagen lässt, so liegt der Gedanke nahe, dass hier wieder einmal, wie in der Vergangenheit schon öfter, ein Künstler, eine Künstlerin auf dem Weg zu einer großen, internationalen Karriere bei Alsfeld Musik Art zu Gast gewesen ist.
Christoph Kramer, einer der Organisatoren der prämierten Alsfelder Kulturreihe, ließ diesen beglückenden Umstand bei seiner Begrüßung in der Neuen Aula der Albert-Schweitzer-Schule ebenfalls anklingen, und in seiner unnachahmlich-charmanten Art sprach er im Namen des Organisatoren-Teams seinen Dank aus: an die Besucher, die Abonnenten, die Fördervereinsmitglieder, Spender und Sponsoren, die helfenden Hände, die alle zusammen es durch ihr Engagement ermöglicht haben, dies Alsfelder Kulturangebot gänzlich ohne städtische Unterstützung fortzuführen.
Die junge Koreanerin Hyeyoon Park, die in Berlin Violine studiert, und der gebürtige Australier James Maddox am Klavier waren die Künstler des Abends. Hyeyoon Park begann allein, mit einem der anspruchsvollsten Werke der Violinliteratur, der legendären Chaconne aus Johann Sebastian Bachs zweiter Partita, und sie begann in großer Souveränität. Nur wer mit sehr feinen Sinnen zuhörte, konnte wahrnehmen, dass die gerade 17-jährige einige Minuten brauchte, um den Raum und die vollkommene innere Ruhe für sich und das Stück zu finden. Von Anfang an aber zog sie die Zuhörer durch ihr klares und zugleich enorm ausdrucksstarkes Spiel in Bann, überzeugte restlos nicht nur durch ihre spieltechnische Unanfechtbarkeit, vielmehr auch durch ihre musikalische Reife und Gestaltungskraft.
Die Musikwelt ist sich nicht ganz einig, ob bei Bachs Chaconne 64 oder 32 Durchgänge zu zählen sind, mithin 31 Variationen eines achttaktigen Themas oder 63 eines viertaktigen; das aber spielte bei diesem Konzert gar keine Rolle mehr, denn Hyeyoon Park gab jedem musikalischen Aussagezusammenhang seinen eigenen, überaus sprechenden Charakter. Das Dialogische und (teilweise versteckt) Vielstimmige der Komposition wurde von der Künstlerin zu einer Klangarchitektonik von plastischer Lebendigkeit und zugleich statuarischer Gültigkeit geformt; was einen im Publikum anwesenden prominenten, in puncto Berufserfahrung kaum überbietbaren Musiker zu der Aussage veranlasste, er habe das Stück wohl noch nie so gut spielen gehört.
Nach einer solch eindrücklichen Eröffnung musste der Klavierbegleiter als Solist, der nun er beim zweiten Programmpunkt war, einen schweren Stand haben, und James Maddox tat sehr gut daran, sich und die Zuhörer in eine gänzlich andere Klangwelt einzutauchen gegenüber der von ihm selbst gesprächshalber als „Geisteszustand“ bezeichneten Chaconne. Drei der letzten Klavierwerke Franz Schuberts waren sein Solo-Beitrag: die Stücke aus dem Nachlass, die im Deutsch-Verzeichnis die Nummer 946 tragen. Maddox setzte weder auf den Biedermeier-Romantiker, noch trieb er die modernen Züge, Schubertsche Kontraste, Brüche und Beleuchtungswechsel ins Extrem, sondern er präsentierte diese Klavierstücke Franz Schuberts mit weichem, an das Tasteninstrumentarium um 1800 gemahnenden Anschlag als Musik eines, der sich aus der Vorromantik und Empfindsamkeit speist und gleichwohl durch Beethoven tangiert wurde, als Schöpfungen eines Suchenden und Singenden zwischen den Epochen. Auch verzichtete Maddox darauf, die (laut Robert Schumann) „himmlischen Längen“ Schubertscher Musik durch das vom Komponisten vorgeschlagene Wiederholen einzelner Teile manchen Irdischen womöglich zu lang werden zu lassen.
Kern-Stück seiner Interpretation war das zweite: quasi der Mittelsatz, wenn man alle drei zusammen als freie Sonate betrachtet. Hier stiftet Schubert in besonderem Maße jenes labile musikalische Gleichgewicht zwischen Idyll und Abgrund, das auch sein berühmtes „Lindenbaum“-Lied bestimmt. Der Satz endet mit einer der typisch Schubertschen klanglichen Entrückungen, die uns Schönheit und Einfachheit wie auch Innigkeit und Harmonie als letztlich nur im Erinnern zu bewahrende zeigen. Maddox ist nicht, was man einen in erster Linie brillanten, effektsicheren Pianisten nennen würde, dafür aber ein ausgesprochen wandlungsfähiger und vielseitiger. Anzupassen hatte er sich auch an einen Saal, der zwar für Kammermusik in vieler Hinsicht sehr geeignet erscheint, nicht aber bestmöglich, was eine einheitlich hochwertige Akustik betrifft, und auch der Flügel gab nicht Steinway’s Feinstes.
Mit einem großen Wurf begann die zweite Konzerthalbzeit: die Violinsonate des noch jungen Richard Strauss war aufgelegt, ein Werk von 1887, das sich einerseits einer gewissen gründerzeitlichen Ornament-Vielheit befleißigt, dem aber andererseits jugendstilhafte Momente kaum abzusprechen sind. Beide Interpreten gingen vom ersten Ton an voll in der ebenso hoch differenzierten wie süffigen Klangwelt dieser gleichsam orchestralen Sonate auf. Trotz ganz geöffneten Flügels und vollgriffigen Klavierparts wäre, zumindest aus der Hörposition des Rezensenten, die sprichwörtliche Klavierbegleiter-Frage „Bin ich zu laut?“ an keiner Stelle mit Ja zu beantworten gewesen. Die Musizierpartner, als eine nahezu perfekte Einheit, verstanden es, dieser oftmals unruhig drängenden Musik immer wieder den ruhenden Pol zu schaffen. Die Sonate ist zweifellos schon ein Richard-Strauss-Werk reinen Wassers in seinem selbst errichteten stilistischen Lustgarten, aber sie präsentiert uns ihn auch als einen, der sich in vielerlei romantischen Sphären von Schubert und Schumann über Brahms, über Salonmusik bis hin zu Wagner einmietete und zu Hause fühlte. Die großen Gesten dieser Musik gerieten den beiden Protagonisten auf dem Konzertpodium nirgends zu theatralisch, sondern blieben immer dem Kammermusikalischen verpflichtet.
Französisch und spanisch ist Ravels „Tzigane“ höchstens so viel, wie die Üppigkeit der Straussschen Sonate auch eine bajuwarische ist. Maurice Ravels virtuoses Violinstück aus den zwanziger Jahren bildete den glühenden Abschluss des Duo-Abends. Hyeyoon Parks Geigen-Tongebung und ihr Vibrato waren hier wieder andere als in den Stücken von Bach und Strauss zuvor. Das Instrument, das ihr dies mit ermöglicht, ist eine 1781 in Cremona erbaute Geige von Lorenzo Storioni, die der jungen Künstlerin von der Deutschen Stiftung Musikleben in Hamburg zur Verfügung gestellt wurde. Im 19. Jahrhundert galten die Ensembles der Sinti und Roma in Ungarns Städten als Inbegriff ungarischer Musik. Franz Liszt, Johannes Brahms und viele andere haben dem „ungarischen“ Genre gehuldigt. Sein Timbre in zugespitzter Form verdichtet Ravels „Tzigane“ zusammen mit fernöstlichen, spanischen, auch Paganinischen und Lisztschen Einflüssen zu einer sensationell wirkungsvollen Konzertrhapsodie. Hyeyoon Park ließ ihre Violine sprühen, weinen, klagen, und James Maddox verwandelte das Klavier zeitweilig in ein ungarisch tönendes Cimbalom.
Spontan erhob sich das gewohntermaßen zahlreiche Publikum nach den letzten Klängen zu „standing ovations“. Für die Zugabe setzte sich der Pianist James G. Maddox ins Publikum und lauschte, ebenso staunend wie das gesamte Auditorium, der 24. Caprice von Nicolo Paganini, einem vielfach bearbeiteten und oft zu hörenden Stück, selten aber in so mühelos scheinender Artistik dargeboten wie hier. Hyeyoon Park demonstrierte noch einmal solistisch die gesamte Palette ihres geigerischen Könnens, diesmal in ganz anderer Farbzusammenstellung und Formgebung als mit dem Bach-Monument zu Beginn, nun unterm Primat der zirzensischen Virtuosität. Mit diesem bemerkenswerten Konzert endete die 20. Saison von Alsfeld Musik Art, die nächste aber ist schon so gut wie unter Dach und Fach.




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Foto: Christoph Kramer

Leidenschaftliches Streichquartettspiel - Von Ingfried Stahl

Alsfeld (la). Mit leidenschaftlichem Streichquartettspiel – kraftvoll-dynamisch, aber auch hochsensitiv in den pianissimo-Passagen vorgetragen – begeisterten vier junge Solovirtuosen, das deutsch-schweizerische „Geméaux Quartett“, am Samstagabend knapp 200 Zuhörer beim traditionellen Gastkonzert der hr-Kammermusikredaktion.
Mit dieser Aufführung in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule im Rahmen von Alsfeld Musik Art, getitelt „Lyrisch und leidenschaftlich“, fokussierten sich die Interpreten in mitreißendem Spiel auf Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Maurice Ravel und des zeitgenössischen russischen Komponisten Rodion K. Schtschedrin (geb. 1932).
Bei den „Lyrischen Szenen für Streichquartett“ (2006) handele es sich, wie Peter Ernst von „hr2 kultur“ einführend mitteilte, um das Auftragswerk für den 57. ARD-Wettbewerb 2008, bei dem das Gastquartett den 3. Preis sowie den begehrten Publikumspreis als Sonderauszeichnung erhalten habe.
Die jungen Musiker absolvieren in diesem Jahr ein Riesenprogramm mit rund 50 Konzertauftritten – überwiegend in Deutschland und in der Schweiz, aber auch in weiteren internationalen Konzertsälen wie auf der britischen Insel, in Frankreich, Belgien und Ungarn. Parallel hierzu vertiefen sie aber auch ihre musikalische Ausbildung weiter: am renommierten Mozarteum in Salzburg.
Dass die Vorschlusslorbeeren für die hochtalentierten Interpreten keineswegs zu hoch gegriffen sind, unterstrichen die vier schon gleich bei den ersten Klängen des Streichquartetts B-Dur KV 458, dem sogenannten Jagdquartett, für zwei Violinen (Anne Schoenholtz und Manuel Oswald), Viola (Sylvia Zucker) und Violoncello (Uli Witteler) von Mozart.
Prägnant im Ton bei fast atemberaubenden Tempo entfaltete sich das Hauptthema in der Einleitung. Den vier jungen Spielern, in synergetischem und überaus musikantisch akzentuiertem Miteinander, können eigentlich nur Bestnoten gegeben werden – dies vor allem vor dem Hintergrund der technisch schwierigen Umsetzung der komplex strukturierten Dialoge der Streicher.
Von ganz besonderer Aussagekraft war sicher die musikalische Ausgestaltung des Es-Dur-Adagios in sehr besonnener Phrasierung und mit fundierter dynamischer Gewichtung. Überaus hörenswert und in die Tiefe der Empfindungen wirkend hier vor allem der emphatisch-schöne Zwiegesang zwischen der meisterlich gespielten 1. Violine von Anne Schoenholtz und dem warm klingenden Violoncello, intoniert von Uli Witteler. Die Ausstrahlung dieses getragenen Satzes verstärkten dabei mit zart vibrierendem Klanghintergrund die beiden übrigen Streichinstrumente, die Violine Manuel Oswalds und die dezent tieferlagige Viola Sylvia Zuckers.
Schon zuvor im Trio-Teil des prinzipiell ernst, ja eigentlich mit einem Hauch von Melancholie ausgestalteten Menuetts, hatte das junge Quartett auch eine Extra-Herausforderung glänzend bestanden, nämlich mit klarer Klangaussage Geige und Cello gleichsam „sprechen“ zu lassen, dies bei exakt austarierten Staccati der anderen Instrumente.
Insgesamt beeindruckten die vier Interpreten, wie auch bei den beiden weiteren Konzertbeiträgen, durch ihre jugendlich-dynamische Bogenführung „von leichter Hand“ und facettenreiche Ausgestaltung der Mozart´schen Kammermusik – zudem abgebildet in einer exzellenten Klangtechnik. Das großartige Finale des „Jagdquartetts“ remineszierte thematisch an den anmutigen Kopfsatz. Hier trieben sich die vier Solisten mit Verve derart voran, dass das Ohr kaum Schritt halten konnte: bei hoher Virtuosität insbesondere einer hervorragenden Violinistin, von Anne Schoenholtz. Begeisterter Beifall des Auditoriums anerkannte verdientermaßen die großartige Darbietung Mozart´scher Kammermusik – Hörgenuss vom Feinsten.
Thematisch gut integriert in die Ausrichtung des Konzertabends – wenngleich sehr modern ausgelegt - war anschließend das Auftragswerk für den ARD-Wettbewerb 2008, die „Lyrischen Szenen für Streichquartett“ von Rodion K. Schtschedrin.
Der Werktitel nimmt, wie Windisch-Laube in der Programm-Beilage zum Alsfelder Konzert ausführte, vermutlich Bezug auf einen Titel einer Streichquartett-Komposition von Alban Berg. Und zweifellos stellte das Stück wohl auch besondere Anforderungen an das eher klassische Klänge gewohnte Ohr des Hörers. Den Interpreten des Quartetts wurde hier spieltechnisch Enormes abverlangt wie beispielsweise viele Doppelgriffe, Ausgestaltung großer dynamischer Gegensätze und auch schnellste Bewegungen, dies bei feinst nuancierter Tonformulierung. Das „Geméaux-Quartett“ bestand aber auch diese Herausforderungen mit souveräner Bravour, Es erntete erneut reichen Applaus.
Nach der Pause widmeten sich die vier Streicher-Solisten mit Hingabe und musikalischer Klasse dem Quartett F-Dur von Maurice Ravel (1902/1903), beginnend mit einem moderat schnellen Primärsatz mit Zusammenführung zweier Themen in auffällig undramatischer Durchführung und einem scherzoartigen sehr rhythmischen Folgesatz. Dieser basierte erneut auf zwei Gedanken – der erste gespielt in eindrucksvollem pizzicato, der zweite mit einem langsamen und erhebend-lyrisch gehaltenem Mittelteil.
In wohltuend klanglicher Ausgestaltung schloss sich hieran der gedämpft beginnende, sehr bedächtig formulierte und ausgedehnte dritte Satz („très lent“) an. Der nahm dann aber schnell Fahrt auf und wies mit seinen häufigen Wechseln in Tempo und Tonart sogar gleichsam improvisatorische Züge – solistische Herausforderungen der besonderen Art, denen die vier Musiker aber in jeder Phase der Darbietung gerecht wurden. Hier bestach vor allem die Generierung besonderer Klangfarben mit auch Spielen der Instrumente in extrem hohen Tonlagen.
Das Ravel´sche Quartett schloss mit einem brillanten, sehr vital gehaltenen Finale, in dem vor allem ein chromatisches Fünftonmotiv mit zumeist drängenden Tremolopassagen, unterbrochen von einem lyrischen Thema im Dreiertakt dominierte - – alles in allem eine imponierende Streichquartett-Intonation, die im Darbietungs-Facettenreichtum kaum Wünsche offen ließ.
Lang anhaltender Applaus des geneigten Konzertauditoriums machten natürlich zwei Zugaben des „Geméaux Quartetts“ unumgänglich, wobei die zweite diesmal ein Überraschungsmoment implizierte: ein Ständchen der vier Streicher-Solisten zum 83. Geburtstag von Helmut Köhler. Annette Thon überreichte aus diesem Anlass dem Jubilar zum Abschluss des Konzertabends unter großem Beifall des Publikums einen Blumenstrauß.
Ein live-Mitschnitt des Konzerts wird am Sonntag, dem 17. Mai 2009 (20.00 Uhr) in hr2 gesendet.




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Foto: Julia Born

Ein musikalisch-brillanter Geniestreich - Von Julia Born

Alsfeld. Alexander Urvalov und Martin Müller-Weiffenbach spielten unbekannte Meister
in der Reihe Alsfeld Musik Art

Zurück in seine Heimatstadt Alsfeld kehrte am Sonntagabend der Cellist Martin Müller-Weiffenbach, um mit seinem alten Bekannten Alexander Urvalov das fünfte Konzert der laufenden Alsfeld-Musik-Art Reihe zu gestalten. Auf dem Programm standen Werke weniger beachteter Künstler wie Frank Bridge und Bohuslav Martinu. Doch auch große Meister ließen Müller-Weiffenbach und Urvalov erklingen. Beethoven durfte da natürlich nicht fehlen.
Ein zu Unrecht selten gespielter Komponist sollte zugleich das fünfte Konzert der Musik-Art-Reihe eröffnen. Der in Ostböhmen geborene Bohuslav Martinu verwandelt in seinen „Variationen über ein slowakisches Thema“ ein Volkslied seiner Heimat, stark von der böhmischen Folklore inspiriert, in sehnsüchtige Klagegesänge, die den Künstlern technische Brillanz abverlangten, die sogleich von Müller-Weiffenbach und Alexander Urvalov dargebracht wurde. In Müller-Weiffenbachs glasklarem Cellospiel konnten sich vor allem die für Martinu so charakteristischen Divergenzen herauskristallisieren. Martinu arbeitet mit häufigen Taktwechseln und selten werden gleich zu Anfang die Themen exponiert, vielmehr steht deren spielerische Verwandlung im Vordergrund, wobei Martinu die Tonalität wahrt, jedoch deren Tragfähigkeit neu abwägt, was gleichsam Elemente der Moderne widerspiegelt, denn Martinu komponierte genau vor 50 Jahren seine Variationen, deren Uraufführung er allerdings nicht mehr erleben sollte. Urvalov und Müller-Weiffenbach kreisen in ihrer Interpretation der Variationen zwischen schwelgerischer Subtilität in Form der Legato-Passagen des Cello und harter Diktion auf Seiten des Klaviers.
An die Variationen schloss sich nahtlos Julius Röntgens Sonate in h-moll an, welches ähnlich Martinus Werk schon ein leises Auflodern einer Aufbruchstimmung in eine neue Zeit vernehmen lässt. Röntgens kompositorische Schaffenszeit liegt an der Schwelle von Spätromantik zu Modere. Die langsamen Sätze Molto moderato und Poco andante erinnerten, betont durch die kunstvolle thematische Arbeit des Cellisten Müller-Weiffenbach, an den von klassischen Meistern beeinflussten Geist Johannes Brahms. Sowie Brahms orientiert sich auch Röntgen an alten Meistern, denn im letzten Satz verarbeitet Röntgen den Schlusschoral aus der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach. Die beiden anderen Sätze Röntgens h-moll Sonate geben ein schnelleres Tempo vor und drängen in repetitiven Ostinati der Klavierstimme zu einem Verlassen des Althergebrachten. Der in Alsfeld geborene Martin Müller-Weiffenbach begann im Alter von sieben Jahren bei Instrumentallehrerin Renate Glitsch das Cellospiel. Nach dem Abitur verließ der jungeMusiker die Stadt, um an der Musikhochschule Köln zu studieren. Nach der Künstlerischen Reifeprüfung rundete ein Aufbaustudium in Paris sein Cellospiel ab. Heute unterrichtet der kammermusikerfahrene Martin Müller-Weiffenbach am Konservatorium in Genf.
Das durch stilistische Kontraste spannungsgeladene fünfte Konzert von Alsfeld Musik Art setzte auch im zweiten Teil jenen Gestus mit einem Zeitsprung zurück zu Ludwig van Beethovens C-Dur Sonate für Klavier und Cello fort. Wie auch Röntgens Werk steht Beethovens Sonate an der Schwelle zu einer neuen Epoche der Musikgeschichte. Die Sonaten leiteten die Spätphase Beethovens kompositorischer Tätigkeit ein und stehen vehement für ein Sich-Hinwegsetzen über Konventionen, denn zunehmend schillert Beethovens Eigenwilligkeit, die zumeist seine persönlichen Abgründe widerspiegelt, in seinen Werken, womit diese sich letztlich von der Klassik entfernen. Das Cello wird zur Stimme des Beethovenschen Spätwerkes und Müller-Weiffenbach hebt durch sein engagiertes Spiel rythmische Schärfe und die impulsive motivische Arbeit hervor, welche in einen allmählichen „Prozess der Auflösung“, so Freunde und Kritiker des Komponisten, mündet.
Martin Müller-Weiffenbachs Konzertpartner Alexander Urvalov hat sich in der Stadt Alsfeld, die seit 17 Jahren seine Heimat bedeutet, nicht nur durch seine Lehrtätigkeit vielmehr noch durch seine virtuosen Konzerte bereits einen unvergesslichen Namen gemacht.
Der in Deutschland wenig bekannte englische Komponist Frank Bridge bildete den Schlusspart des Konzerts. Seine Sonate für Violoncello und Klavier ist von stilistischer Ambivalenz gekennzeichnet und lässt im ersten Satz der Sonate mit raumgreifenden und ausdrucksstarken Melodien die Lehre Brahms aufblitzen und erinnert somit an Röntgens Opus. Bridge komponierte das Werk zwischen 1913 und 1917 und verarbeitet auf musikalischer Ebene seine Eindrücke des Ersten Weltkrieges. Brigdes Wertschätzung der Kompositionen Alban Bergs werden im zweiten Satz der Sonate deutlich. In expressiven Passagen setzt sich Bridge mit dem herannahen der Moderne auseinander.
Gewohnt lang anhaltend quittierte der Applaus des Alsfelder Publikum den musikalisch-brillanten Geniestreich der beiden „alten Bekannten“.




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Foto: Prof Dr. Ingfried Stahl

Ein Auftritt von hoher Ausstrahlungskraft

Mit einer eindrucksvollen Konzertdarbietung von Chor- und Instrumentalwerken des italienischen Komponisten Giacomo Puccini – im Zentrum dabei dessen sakral-opernhaft dimensionierte „Messa di Gloria“ –
eröffneten die Alsfelder Ensembles Singkreis und Kammerorchester am Samstagabend
den Konzertreigen 2009 von Alsfeld Musik Art.

Alsfeld (la). Lange währender Applaus nach Ende der gut anderthalbstündigen Musikdarbietungen in der praktisch vollbesetzten Christ König-Kirche war verdiente Anerkennung für ein Konzerterlebnis auf durchweg hohen Ansprüchen gerecht werdendem Niveau. Der traditionelle lokale Beitrag von Musik Art beeindruckte insbesondere durch seinen Kontrast weitgehend tief-religiös fundierter mit auch rhythmisch-schwungvoll ausgelegten Klangbildern, deren Faszination sich wohl keiner der Anwesenden zu entziehen vermochte.
Jederzeit auf der Höhe des musikalischen Darbietungsspektrums zeigte sich dabei einmal mehr das Alsfelder Kammerorchester unter dem einfühlsam-souveränen Dirigat von Jörg Michael Abel – zunächst als reines Streichorchester musizierend und später bei der Aufführung des Oratoriums durch die sich hinzugesellenden Bläser wirkungsvoll bereichert.
Als fantastisch gelungen bezeichnet werden kann auch der Auftritt des Alsfelder Singkreises, dies ganz besonders mit Blick auf die im Neuen Testament verankerte „Messa di Gloria“ Puccinis, einem Werk der Romantik. Die mit insgesamt 46 Sängerinnen und Sängern und durchgängig in lateinischer Originalsprache überaus klangvoll agierende Chorformation unter gewohnt professioneller Leitung von Thomas Walter verstand sich insbesondere auch darauf, die Herausforderung feiner Balance zwischen Dezenz und Emphase in dem voluminösen Werk vorbildlich auszutarieren: ein Gesamtauftritt mit hoher Authentizität und Ausstrahlungskraft.
Zum Chor gesellten sich in Puccinis Messe, einem Frühwerk des Komponisten (1880) mit auch deutlicher Nähe zur italienischen Oper, in bereichernder Weise auch zwei solistische Männerstimmen in gleichsam arienartig ausgearbeiteten Partien hinzu. So überzeugte Ralf Emge (Frankfurt) zunächst im jubelnd-heiteren „Gratias agimus tibi“ (übers.: „Dank sagen wir dir“), später im dunkel kolorierten „Credo“ und dann im finalen „Agnus Dei“ – „Lamm Gottes, der du trägst die Sünden der Welt, erbarme dich unser“ – mit durchweg geschmeidigem, tragfähigem und überaus voluminös ausgelegtem Tenor.
Mit ausdrucksvoll düsterem Bass-Timbre schattierte demgegenüber Thomas Wiegand im „Credo“ das „Crucifixus etiam pro nobis“ („Der gekreuzigt wurde auch für uns“). Im späteren Verlauf hatte Wiegand noch einen weiteren Solo-Gesangspart mit Bravour, nämlich beim „Benedictus qui venit in nomine Domini“ („Gepriesen sei, der kommt im Namen des Herrn“). In tiefgreifend-emphatischer Weise ergänzte hier der Chor mit dem jubelnd artikulierten „Osanna in excelsis“ („Hosianna in der Höhe“).
Im Zentrum der „Messa di Gloria“ – übrigens ein Werk des damals erst 22-jährigen Musikstudenten Puccini – stand aber zweifellos das weit ausladende und gewaltig anmutende inbrünstige „Gloria“ – in dem Chor und Kammerorchester in sich gegenseitig bereichernder Weise ungeahnt tiefgreifend-schöne Klangbilder generierten und, wie bereits erwähnt, die beiden Solosänger ihre stilistische Noblesse dokumentierten.
Bereits die Einleitung des „Gloria“, frisch, heiter und schwungvoll vorgetragen vom Singkreis mit klarer Artikulation über alle Stimmen hinweg, bot konzertantes Erleben vom Feinsten: mit dem allmählichen und vitalen Hinzugesellen aller Instrumente des Kammerorchesters. Stimmgewaltig und beeindruckend im späteren Verlauf dann die Choreinsätze beim „Qui tollis peccata mundi“ („Der du trägst die Sünden der Welt“) mit frappierend weltlich- marschartigem Gestus und dem expressiven „Quoniam tu solus sanctus“ („Denn du allein bist heilig“). Die Gloria-Sequenz schloss mit einem exzellent intonierten chromatisch steigernden „Amen“.
Ähnlich ausdrucksvoll wie im „Gloria“ und im Zentrum des „Credo“ steigerte sich der Chor auch in das Lob des „Benedictus“ hinein: perfekt und hoch konzentriert bis zum finalen wunderschönen „Agnus Dei“ mit dem „dona nobis pacem“ („gib uns Frieden“).
Die „Messa di Gloria“, bei all ihrer sakraler Auslegung aber auch von typischen Opernmerkmalen durchdrungen, überzeugte daher im Gesamtdarbietungsspektrum mit einem reichen Wechsel verschiedenartig kolorierter Facetten: von lyrisch-melancholisch bis hin zu heiterer Beschwingtheit und jubelnder Emphase, noch dazu in weiten Teilen ausgestaltet mit hoher Intensität und Dynamik.
Neben Puccinis „Messa di Gloria“ als Höhepunkt und Abschluss des Konzertabends in der Christ König-Kirche standen aber auch noch weitere Werke des italienischen Komponisten auf dem Programm: die heiter-beschwingt ausgelegten und an die Musik Joseph Haydn´s erinnernden „Tre Menuetti per quartetto ad archi“ (Alsfelder Kammerorchester), Puccinis kurzes und schlicht gehaltenes „Requiem“ in der Fassung für dreistimmigen Chor, Viola (Solist: Igor Rogoshnikow) und Streichorchester (Singkreis und Kammerorchester) und die eher schwermütig-verhangen kolorierten „Crisantemi“ in der Fassung für Streichorchester (Kammerorchester): alles in allem ein Konzertabend der Sonderklasse, wie insbesondere auch der Schlussapplaus mit Gewährung einer Zugabe des Singkreises deutlich unterstrich.




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Foto: Christoph Kramer

Sensationelles Jazz-Konzert mit Trevor Richards and the British New Orleans All Stars

Alsfeld Musik Art: Mit stehendem Applaus feierten über 400 Zuhörer im Rahmen der Konzertreihe „Alsfeld Musik Art“ die Ausnahmekünstler des New Orleans Jazz am Samstagabend in der Ausstellungshalle des Autohauses Roth in Alsfeld. Die Jazz- und Gospelsängerin Denise Gordon aus London krönte dieses Jazz-Konzert der besonderen Art mit ihrer unnachahmlichen Stimme und einem Jazz-Feeling, das von Herzen kommt und die Herzen der Zuhörer erreichte und berührte.

An diesem Abend wurde wieder einmal ein Stück Jazz-Geschichte in Alsfeld fortgeschrieben und der Beweis angetreten, dass auch in einer musikalischen Welt, die von Pop- und Rockmusik dominiert wird, der klassische New-Orleans-Jazz seine Stellung behaupten kann.
Schaut man sich die musikalischen Lebensläufe der einzelnen Protagonisten an, so erkennt man sehr schnell, dass sie alle mehr und weniger von den Großen und Größten des Jazz inspiriert wurden und profitiert haben, dennoch aber ihren eigenen Weg als Jazz-Interpreten gefunden haben: Trevor Richards mit seinem unnachahmlich melodiösen und phantasievollen Schlagzeugspiel, angetrieben von einer Agilität, die fast die Grenzen des physisch leistbaren sprengt. Er ist der Motor und Inspirator dieser Gruppe und man spürt sehr schnell, welche Welten zwischen normalem Schlagzeugspiel und diesem Ausnahmekünstler liegen. John Defferary, der nicht umsonst über Jahrzehnte bei Chris Barber und Papa Bue spielte und auch an diesem Abend mit seinem präzisen, oft melancholischen Spiel den besonderen Charakter von Klarinette und Saxophon überzeugend interpretierte. Simon Holliday, der dem Steinway and Sons-Konzertflügel Jazzharmonien entlockte, die dem Auditorium noch lange in den Ohren klingen werden. Er ist einer der großen Interpreten des Harlem-Stride-Piano. Daneben überzeugte er auch durch seine wunderbaren Gesangssoli. Colin Dawson, dessen Trompetenspiel mit glasklarem Strahl, technisch perfekt bis in die größten Höhen, Erinnerungen an Harry James, einen der weltweit bekanntesten Jazztrompeter aller Zeiten, weckte. Nicht zuletzt Bob Culverhouse am Bass, Interpret und Instrument nahezu zu einer Einheit verschmolzen, der neben Trevor Richards der Musik nicht nur das Fundament und damit die rhythmische Basis gab, sondern in seinem gesamten Spiel, besonders aber seinen Soli zeigte, wie immer wieder neue, ungeahnte Schnörkel und Klangfolgen erfunden werden können. Ein Hochgenuss für Liebhaber des Bassspiels.
Einen besonderen Glanzpunkt setzte die Jazz- und Gospelsängerin Denise Gordon aus London, die für diesen Abend als Sängerin verpflichtet werden konnte. Mit ihrer wunderbaren leicht rauchigen, aber in anderen Lagen kräftigen oder auch glasklaren Soul-Stimme fügte sie dem Ensemble das hinzu, was der absoluten Perfektion sehr nahe kam. Ihre Bühnen-Performance ein akustischer, aber auch ästhetischer Genuss.
So kamen nicht nur Jazzliebhaber voll auf ihre Kosten, sondern es konnten wohl auch die, die bisher vielleicht weniger Zugang zum Jazz hatten, gewonnen werden.
Nach über drei Stunden Jazz-Standards und Gospel kam das große Finale mit Denise Gordon und ihrem mitreißenden „Glory Halleluja“ sowie einem Balladen-Medley, in dem sich alle Musiker noch einmal profilieren konnten.
Mit stehenden Ovationen und begeisternd mitsingend dankte das Publikum den Musikern und Denise Gordon, als das Konzert mit der Zugabe “When the Saints go marching in“ schließlich seinen Abschluss fand.




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Foto: Christoph Kramer

Beschwingt und melancholisch

Alsfeld Musik Art: Das Quirinus Quintett überzeugte beim jüngsten Konzert von Alsfeld Musik Art

Alsfeld (mp). Ein munteres Quintett war es: Annemarie Burnett (Flöte), Elisabeth Grümmer (Oboe), Anna Erchinger (Klarinette), Marthe Göttsche (Horn) und Christian Elsner (Fagott) – Frische und Jugendlichkeit strahlten sie ebenso aus wie hochgradige Musikalität. Verpflichtet hatte man sie in der 20. Saison von Alsfeld Musik Art.
Mit rhythmischem Applaus wurde das “Quirinus Quintett“ nach der rasanten Zugabe des alten englischen Seemannsliedes “Hurry up she rises“ von der Bühne in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule verabschiedet. Beifall für das Kammermusikkonzert, das gut besucht war. Fünf Musiker, alle um die 22 Jahre, servierten auf hohem Niveau mit Virtuosität ein weich verzahntes musikalisches Räderwerk, gewürzt mit allerhöchster Perfektion und glühender Passion.
Mit jeweils einer Stimme waren sie vertreten, die Holzblasinstrumente, zu denen sich das zum weichen Klag passende Horn hinzugesellt hatte. Mit einer nahezu unglaublichen Zartheit erklang es neben dem besonderen Klang von Oboe und Fagott, inmitten des klaren Klangs der Flöte, betupft von der oft übermütigen Klarinette.
Leicht wie Federn, die im wind tanzen, wie Perlen, die leise über einen Boden kullern – so starteten die Fünf in das lebendige Konzert mit einem Werk in Es-Dur von Anton Reicha. Ein bisschen Zeitgeist von Barock schwebte im Raum. Bei einem weiteren Stück dieses Komponisten schien das Fagott die Szenerie aufzumöbeln. Voller Anmut die weiteren Stücke, bevor es hinüberging zum Komponisten Carl Nielsen. Ein Jahrhundert später, eine andere musikalische Welt, die vorherige Beschwingtheit wurde ersetzt durch schwer anmutende Melancholie. Versöhnlich der überaus weiche Schluss dieser Sequenz.
Nach der Pause folgten mit Paul Hindemith und August Klughardt Komponisten aus Romantik und Neuzeit. Hin und wieder in Dissonanzen, dann wieder in mitreißenden harmonischen Wirbeln, die den Zuhörer immer wieder vor die Frage stellten: Wie machen die Musiker das, ohne Dirigenten, miteinander verschmolzene Einsätze, verschiedenste Klangszenen in bunten Farbspielereien in absoluter Manier stimmungsvoll zu Gehör zu bringen?
Hinter den Kulissen lernt man eine lustige Truppe kennen. Die Fünf des 2007 gegründeten Quirinus Quintetts studieren Musik in Weimar, alle sind mehrfache erste Preisträger des Bundeswettbewerbs “Jugend musiziert“, waren Solobläser in Landesmusikorchestern oder Symphonie- und Kammerorchestern. Privat interessieren sie sich für die verschiedensten Musikrichtungen von Jazz bis Rock. Gemeinsam ist ihnen das frühe spielen eines Instruments in der Kindheit, im Übrigen haben sie bei den Eltern klassische Musik von klein auf erlebt. Zusätzliches Üben im “Fünferpack“ war in den letzten Wochen angesagt für das Ensemble, das von Professoren der Weimarer Hochschule unterstützt wird.




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Foto: Christoph Kramer

Ein Saisonauftakt nach Wunsch

Alsfeld Musik Art: Publikum begeistert bei Violinkonzert von Ulf Hoelscher

Alsfeld (at). Einen solchen Saisonauftakt kann sich jeder Konzertveranstalter nur wünschen: Ein ausverkauftes Haus, ein begeistertes Publikum, eine Uraufführung als Teil des Konzertes und ein glänzend aufgelegter Solist von Weltrang.

Das erste Saisonkonzert von Alsfeld Musik Art fand am vergangenen Samstag seit langer Zeit wieder einmal im Zunftsaal des Alsfelder Regionalmuseums statt – einem sehr passenden Ambiete für das Konzert mit dem (heimlichen) Titel „Hoelscher-Hoelscher-Hölscher“. Auf Anregung von Othmar Mága nahm der Arbeitskreis Alsfeld Musik Art ein Portrait des belgischen Komponisten Eugène Ysaye, dessen 150. Geburtstag in diesem Jahr mit vielen Konzerten begangen wird, ins Programm auf. Mágas enger Freund Ulf Hoelscher, der seit den 70er Jahren zu den international hoch anerkannten Violinsolisten gehört, nahm sich dieser Aufgabe an und spielte neben drei Werken von Ysaye noch eine Partita und eine Sonate von Johann Sebastian Bach sowie die Uraufführung „Kaleidoskop für Violine“ von Othmar Mága.
Dem Konzert ging die Eröffnung einer Ausstellung mit –teilweise bisher nicht gezeigten – Werken des in Alsfeld geborenen Malers und Vorfahren von Ulf Hoelscher, Richard Hoelscher voraus. Die Zusammenstellung der Bilder übernahm Dr. Monika Hölscher aus dem Magazin des Alsfelder Regionalmuseums, dessen Bestand an Hoelscher-Werken einzigartig sein dürfte. Das Konzertprogramm hätte gelungener nicht sein können: Eugène Ysaye, der erst als 65-jähriger mit den Werken Johann Sebastian Bachs in Kontakt kam, schrieb 6 Sonaten für Solovioline, die er bedeutenden jüngern Geigern, die teilweise seine Schüler waren, widmete. Sechs Sonaten umfaßt auch Bachs Werkreihe BWV 1001-1006, und Ysaye wählte Eingangs- und Schlußtonart seiner Sonaten anlog zu Bachs Kompositionen. Besonders deutlich wurde im Konzert die Verwandtschaft der E-Dur Partita Bachs mit der Violinsonate a-Moll von Ysaye. Viele Motive konnte man bei den beiden unmittelbar nacheinander erklingenden Kompositionen wiedererkennen. Hohe Kunst des Violinspiels erforderte auch die Uraufführung der Komposition von Othmar Mága, selbst Geiger , Komponist und heute gefragter Dirigent. Selbst anwesend, beobachtete er die erstmalige Aufführung seines Werkes, das er Ulf Hölscher zu dessen 65.Geburtstag im vergangenen Jahr gewidmet hatte, mit großem Vergnügen.
Ulf Hoelscher gelang ein perfekter Konzertabend, der auch eine bewunderswerte physische Leistung darstellt. Der Mut der Veranstalter, einen ganzen Abend mit nur einem Solisten zu gestalten, wurde mehr als belohnt. Violin-Virtuose Hoelscher entlockte seiner Guarneri-Geige feinste Töne im Pianssimo, kräftige Forti und teilweise aberwitzige Tempi. Für den herzlichen und langanhaltenden Applaus des Publikums bedankte sich Ulf Hoelscher mit einer Zugabe zweier Stücke – Rezitativ und Scherzo- von Fritz Kreisler.