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Höhepunkt und Abschluss von Alsfeld Musik Art

Aufführung des monumentalen Händel-Oratoriums "Saul" mit Konzertchor Alsfelder Singkreis und Kammerorchester

Alsfeld (la). Sie war Höhepunkt und großartiger Schlusspunkt zugleich der Konzertsaison von Alsfeld Musik Art 2009/2010, aber auch ein faszinierender Mosaikstein der 1. Alsfelder Kulturtage: die beifallumrauschte Aufführung des monumentalen Händel-Oratoriums „Saul“, am Sonntagabend in der nahezu vollbesetzten Walpurgiskirche, dargeboten von sieben exzellenten Solisten, dem Konzertchor Alsfelder Singkreis und dem Alsfelder Kammerorchester.
Die Gesamtleitung des aufwändig und komplex gestalteten Konzerts lag in den Händen von Thomas Walter, der auch den Konzertchor bei der Aufführung des Werks voll barocker Fülle, eines wahren Tongemäldes, in gewohnt souveränem Stil – mit der gerade hier unabdingbaren Fachkompetenz auf hohem Niveau - durch das facettenreiche und von Ereignissen und Gestalten geradezu überladene musikalische Geschehen führte.
Auf instrumentaler Ebene stand den Sängern das Alsfelder Kammerorchester aber keineswegs nach. Unter Einstudierung seines Dirigenten Jörg M. Abel verstanden es die Kammermusiker in ansprechenden Klangbildern, das von den Sängern intonierte und mitunter ausgesprochen dramatische alttestamentliche Geschehen des Dreiakters durch fein nuancierte Harmonien zu untermalen: mit schönem klaren Klang, leicht und schwungvoll, ohne dabei jedoch unpräzise zu werden.
Mit dem von Georg Friedrich Händel (1685-1759) 1738 nach dem Libretto von Charles Jennens komponierten und 1739 in London uraufgeführten Oratorium wendete sich der große deutsch-englische Komponist – sein künstlerisches Schaffen schloss alle musikalischen Genres seiner Zeit, des Barock, mit ein – endgültig von der Oper ab und dem Oratorium zu.
Thematisch liegt der Komposition „Saul“ das in weiten Teilen der Öffentlichkeit bekannte jüdisch-alttestamentliche und im 1. Buch Samuel beschriebene Geschehen um die Rivalität des damaligen Königs der Juden, Saul, und des unerschrockenen, weil Gott, dem Herrn, vertrauenden David zugrunde. Fokussiert auf diese Überlieferung – zum Geschehen um Goliath, Saul und David gibt es weitere sich auch gegenseitig ausschließende biblische Varianten – beschreibt das Oratorium letztlich den Untergang des alten Herrschers, nämlich des Saul, und den glanzvollen Aufstieg des Hirtenjungen David aus Bethlehem als zweiten König von Israel und Juda.
So mag, wie es auch Walter Windisch-Laube in der erneut fachlich anspruchsvoll getexteten Programmbetrachtung für das Konzert formuliert, allgemein beim Geschehen um Saul und David – Saul hatte den zuvor von Samuel als künftigen König gesalbten Hirtenjungen zu sich kommen lassen, um sich durch dessen Spiel auf der Harfe aufmuntern zu lassen – eben dieses Bild vor Augen stehen. Und Luther übersetzte hierzu: „So wurde es Saul leichter, und es ward besser mit ihm, und der böse Geist wich von ihm.“ Somit liege hier eine der ältesten Quellen der „kathartisch-therapeutischen“, der reinigend-heilend Wirkung der Musik vor, so Windisch-Laube.
Händel gestaltete das Oratorium in gigantischer Dimensionierung, dabei das bislang unerforschte Gebiet des chorischen Oratoriums in seiner ganzen Weite ermessend. Entstanden ist dabei ein Opus von barocken Ausmaßen, ein beeindruckend großdimensioniertes tonales Kunstwerk. Das hierzu vermutlich von Textdichter Newburgh Hamilton geschaffene von Einzelbegebenheiten und –erlebnissen nur so strotzende biblische Epos stellt auch an die musikalische Abbildung höchste Ansprüche. Insofern ist auch Gliederung des Geschehens und der durch die Texte der langen Reihe der Personen artikulierten Gedankenabläufe durch die Musik kaum möglich. Wie auch in der antiken Tragödie kommt dem Chor angesichts der Fülle des Geschehens daher eine eher betrachtende Rolle zu.
Von Beginn an stellt der Oratoriumstext dem ersten jüdischen König Saul in David einen jugendlichen Widersacher entgegen. Die Rivalität der beiden – Untergang des einen, Aufstieg des jungen – bildet somit den eigentlichen Stoff des gut zweieinhalbstündigen Dreiakters.
Das Geschehen setzt nach einer schwungvollen sinfonischen Ouvertüre des Alsfelder Kammerorchester an mit dem, vom Konzertchor Von Beginn an stellt der Oratoriumstext dem ersten jüdischen König Saul in David einen jugendlichen Widersacher entgegen. Die Rivalität der beiden – Untergang des einen, Aufstieg des jungen – bildet somit den eigentlichen Stoff des gut zweieinhalbstündigen Dreiakters.
Das Geschehen setzt nach einer schwungvollen sinfonischen Ouvertüre des Alsfelder Kammerorchester an mit dem, vom KonzertchorAlsfelder Singkreis wunderschön intonierten, Triumphgesang der Israeliten für ihren Sieg über die Philister, bei dem der junge David bekanntermaßen den „Riesen aus Gath“, Goliath, mit der Steinschleuder besiegte und ihm danach auch mit dem Schwert das Haupt abschlug.
Das dramatische Geschehen rankt sich dabei um folgende Episoden: Sauls Eifersucht und Zorn bei der Siegesfeier, den Versuch Davids, den König mit einem Gesang zu besänftigen, das Entfliehen Davids, nachdem Saul mit einem Speer nach ihm wirft, die Friedensstiftung durch Jonathan, das zur Frau geben von Sauls Tochter Michal an David, die neuerliche Eifersucht König Sauls mit Waffenrichtung an seinen eigenen Sohn Jonathan, den Freund Davids und das Anwachsen finsteren Wahnsinns des Saul, Hintreiben Sauls aus Angst zur Hexe von Endor – sie beschwört den Schatten des Samuel – und dann den Tod des Saul in der Schlacht gegen die Amalekiter.
Das Oratorium – in original englischer Sprache gesungen - endet daher mit zwiespältigen Gefühlen: zum einen mit der von Chor und Solisten vorgetragenen Trauer über die in der Schlacht Gefallenen – dabei der vom Kammerorchester intonierte Trauermarsch in C-Dur (largo e staccato) als instrumental wohl ergreifendster Part in dem voluminösen Oratorium - , zum anderen aber dann mit der Begeisterung und Freude über David, den künftigen König der Israeliten, der vom Hohen Priester (Ralf Emge, Tenor) im Rezitativ: „Ye men of Judah, weep no more“ – „Ihr Männer Juda, klagt nicht mehr!“ – letztlich als neuer König Israels ausgerufen wird.
Und der Chor der Israeliten äußert abschließend seine Zustimmung zum neuen Herrscher mit einem freudevoll intonierten machtvollen Abschlusschor, ins Deutsche übersetzt: „Richt auf Judäas Macht““ und „dieweil dein Volk, das dich erwählt, sich drängt, zu schaun dein neues Reich.“
Dass das Händel´sche Mammutwerk - transparent und dynamisch - in der Walpurgiskirche zu einem wahren musikdramatischen Glanzstück ausgestaltet werden konnte, dafür sorgten in kongenialem vokalischem Miteinander insbesondere die Solisten, an deren gesangliche und interpretatorische Bandbreite hohe Ansprüche gestellt waren – mit insbesondere auch ausdrucksstarken Arien und durchweg überzeugender Interpretation, dies alles bei einer ungewöhnlich differenzierten charakterlichen Ausarbeitung der Figuren mit deutlich nachvollziehbaren Spannungskurven.
Im einzelnen galt dann hochverdienter Schlussbeifall den Gesangssolisten Monika Eder (Sopran) als Merab, der Tochter Sauls, Traudl Schmaderer (Sopran) als Sauls Tochter Michal, Sopranistin Antje Margolf – Mitglied des Konzertchors des Alsfelder Singkreises - als Hexe von Endor, Benno Schachtner (Altus) – er sang mit bemerkenswert silberheller Stimme die Rolle des David -, und mit der Rollenübernahme von sowohl Jonathan, Sauls Sohn, sowie von Abner, des Amalekiters und des Hohepriesters hatte Ralf Emge (Tenor) sich gewiss einer besonderen gesanglichen Aufgabe zu stellen.
Eine tragende Rolle in dem sakralen Werk kam natürlich Saul, dem König von Israel, zu, authentisch mit machtvollem Bass interpretiert von Thomas Wiegand. Überhaupt ist „Saul“ Händels erstes Werk mit einem Bass als Titelpartie. Mit Volker Tost (Bass) überzeugte neben Sopranistin Margolf zudem noch ein weiteres Mitglied des von Thomas Walter glänzend geleiteten Konzertchors Alsfelder Singkreis: dieser mit einheitlichem Klang und großer Ausdrucksstärke und bei jederzeit richtigem Tempo und mit perfekt abgestimmter Dynamik.
Verdienter langanhaltender Beifall des wohlgeneigten Publikums in der Walpurgiskirche war denn auch verdienter Lohn für einen Konzertgenuss besonderer Klasse, gelangt doch „Saul“ aus Gründen der Dimensionierung und der weiteren Anforderungen und Ansprüche nur selten zur Aufführung.




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Susanna Yoko Henkel

Konzertgenuss der Extraklasse

Alsfeld Musik Art: Susanna Yoko Henkel und Milana Chernyavska begeisterten Publikum

Alsfeld (la). Hätte es neben langanhaltendem Applaus und einer Zugabe noch eines weiteren Beweises für die Begeisterung des Auditoriums von der interpretatorischen Extraklasse der beiden Solistinnen bedurft – die Konzertbesucher selbst dokumentierten es am Ende eines Konzertes auf exzellentem Niveau. Dicht umlagert war nämlich nach Konzertschluss der Tisch im Foyer der Aula der Albert-Schweitzer-Schule, als die beiden Künstlerinnen Susanna Yoko Henkel (Violine) und Milana Chernyavska (Klavier) den Freunden der Alsfelder Musikkultur mit einem stets freundlichen Lächeln auf den Lippen von Hand signierte Kammermusik-CDs – überwiegend auch mit den in Alsfeld gespielten Werken – überreichten.
Mit einem Gastkonzert der Preisträgerinnen im Rahmen von “Alsfeld Musik Art“, veranstaltet vom Programm hr2-kultur, hatten sich die beiden jungen Musikerinnen zuvor in die Herzen der Alsfelder Musikliebhaber zu spielen gewusst: mit einem Programm auf brillant hohem Niveau, das – auch für anspruchsvolle Kenner des Genres Kammermusik – kaum Wünsche offen ließ.
Als Vertreterin des Hessischen Rundfunks begrüßte einleitend Susanne Schaeffer, Kammermusik-Redaktionsleiterin des Senders, das Publikum. Es freue sie, mit hr2-kultur auch in diesem Jahr wieder in Alsfeld zu Gast zu sein. Schaeffer dankte dem Arbeitskreis “Alsfeld Musik Art“ für die gute Zusammenarbeit, aber auch den Besuchern in dem voll gefüllten Saal: „...dass Sie heute Abend den Weg hierher gefunden haben.“
Bisher habe sie in Alsfeld üblicherweise Preisträger vom ARD-Musikwettbewerb vorgestellt. Das werde in diesem Jahr einmal nicht der Fall sein. Mitgebracht habe sie dafür “ganz andere Preisträger“ – zwei junge Künstlerinnen, die bei zahlreichen anderen Wettbewerben als Preisträger hervorgegangen seien. Susanna Yoko Henkel, mit zahlreichen hochkarätigen Preisen bedachte Geigerin aus einer deutsch-japanischen Musikerfamilie, die im Herbst eine Professur an der Musikhochschule Köln antritt und Milana Chernyavska (Klavier) aus Kiew, auch sie Preisträgerin zahlreicher nationaler und internationaler Wettbewerbe und Inhaberin einer Professur, sie unterrichtet in Graz.
Dass die Vorschlusslorbeeren Schaeffers für die beiden Solistinnen keineswegs zu hoch gegriffen waren, unterstrichen Violinistin Susanna Yoko Henkel und Pianistin Milana Chernyavska nachhaltig im Alsfelder Gastkonzert. Ehrfurchtsvolle Blicke galten zu Beginn dem Instrument von Susanna Yoko Henkel, handelte es sich doch um eine Original-Stradivari, ein Instrument des legendären Geigenbauers aus dem Jahre 1710. Die Liebe zu ihrem wertvollen Instrument, Yoko Henkel darf sich zu den wenigen glücklichen Violinistinnen zählen, die eine eigentlich kaum bezahlbare Stradivari ihr eigen nennen, dokumentierte sich dann auch während des Konzertes: in behutsam-zärtlichem, aber auch, wenn gefordert, vehement-höchstvirtuosem Spiel mit der Geige.Auch Milana Chernyavska trug mit ihren Läufen auf dem Klavier, exzellent mit der Violinistin harmonierend mit hoch virtuosen und mitunter bewegt-kraftvoll kolorierten Solopassagen maßgeblich zu einem einmal mehr unvergesslichen Konzertabend in Alsfeld bei.
Schon der Konzerteinstieg mit der Sonate Nr. 1 h-Moll von Bach bot für Kenner der Kammermusikviele instrumentaltechnische und kompositorische Feinheiten: von den vom Klavier Chernyavskas anfangs intonierten “ Seufzerketten in Terzparallelen“, über das erfrischende Allegro mit auch wirbelnden Klavierpassagen, das ergreifende Andante – hier tauchte Susanna Yoko Henkel tief versunken ganz in die Klangwelt ihrer Stradivari ein – bis zum dynamisch-schwungvollen Schlusssatz (Allegro), geprägt von unübersehbarer Spielfreude, sowohl von Violine als auch Piano .
Ein wahres Füllhorn instrumentalsolistischer Feinheiten offenbarte sich – und jetzt war der große Augenblick des Soloviolin-Auftritts Susanna Henkels gekommen, bei der überwältigend gestalteten Aufführung der Partita Nr. 2 d-Moll von Johann Sebastian Bach: mit der Intonation der verinnerlicht dargebotenen Allemanda, der rhythmisch kolorierten Courante, der gravitätischen Sarabande, der tanzschwungbeladenen Giga, technisch sehr anspruchsvoll gehalten und angereichert mit einem hörenswerten Thema – bis hin zur voluminösen, insgesamt 256 Takte umfassenden Ciaconna. Hier war für Susanna Yoko Henkel ausgiebige 15 Minuten am Stück Zeit, ihre ganze solistische Extraklasse des virtuosen Violinspiels einzubringen. In dem von Bach höchst kunstvoll komponierten Satz mit dramatisch wirkungsvoller Variationensequenz – es ist übrigens der einzige in den Kammermusikwerken Bachs überhaupt – wendet sich in der Mitte der Komposition der Satz von Moll nach Dur.
Dem figurativen und melodischen Einfallsreichtum des großen deutschen Komponisten entsprechend zauberte die Violinistin – die Möglichkeiten des Violinspiels in hohem Maße ausreizend – atemberaubend schöne und überaus virtuos ausgelegte Klangbilder in die Aula: repetierend mit Doppelgriff und faszinierendem Bariolagespiel – schnelle Aufeinanderfolgen des gleichen Tons, wechselseitig gespielt auf zwei Saiten ihrer Stradivari, gepaart mit Akkordintonation und Bogentechnik auf höchstem Niveau.
Nach diesem Solokonzert, vom Auditorium mit reichem Beifall bedacht, brachten die beiden Solistinnen nun Stücke von Sergej Prokofjew (Sonate Nr. 2 D-Dur) sowie von Maurice Ravel (Tzigane – Rhapsodie de Concert für Violine und Klavier) zu Gehör. Zählt die Prokofjewsche viersätzige Sonate mit ihren klaren Konturen und durchsichtigen Strukturen , gepaart mit fantasiereich ausgelegter und instrumentspezifischer Themenverarbeitung, zu den Kompositionen des Neoklassizismus, brachte gerade der Abschlusskonzertbeitrag – Tzigane – von Ravel, der bei der Komposition ursprünglich von ungarischen Zigeunermelodien inspiriert worden war, noch einen ganz besonderen musikalischen Leckerbissen: Erneut Virtuosität beider Instrumente auf Höchstniveau.
Das begeisterte Alsfelder Konzertpublikum dankte den beiden Interpreten für einen Konzertgenuss der Extraklasse mit begeistertem, langwährendem Applaus. Susanna Yoko Henkel und Milana Chernyavska dankten ihrerseits mit einer schön anzuhörenden besonnen klingenden Zugabe.
Das Konzert wurde aufgezeichnet und wird am Sonntag, 11. April, ab 20.05 Uhr als Mitschnitt im Programm hr2-Kultur zu hören sein.




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Foto: Prof. Dr. Ingfried Stahl

Jubiläums-Konzert ein Klaviergenuss

Alexander Urvalov spielt Werke von Chopin und Schumann

Alsfeld (la). So groß die Enttäuschung auch war, dass Klaviervirtuose Viktor Urvalov kurzfristig krankheitsbedingt am Samstagabend beim Konzert von Alsfeld Musik Art nicht mitwirken konnte, so groß war dann aber unüberhörbar die Resonanz im Auditorium über eine höchst erfreuliche Mitteilung Christoph Kramers vom Vorstand von "Alsfeld Musik Art": Viktor Urvalov habe sein Examen an der Musikhochschule Saar in Saarbrücken mit „summa cum laude“ absolviert. Eigentlich habe man ihm heute dazu gratulieren wollen, so Kramer unter lebhaftem Beifall der gut 220 Konzertbesucher in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule.
Dass das Konzertprogramm aber doch in wesentlichen Teilen, wie vorgesehen, mit Werken von Frederic Chopin und Robert Schumann aufgeführt werden konnte, war dann, wie eigentlich kaum anders zu erwarten, Viktors Vater Alexander Urvalov zu verdanken. Alexander Urvalov, ohnehin als Interpret der Schumann´schen Werke nach der Konzertpause vorgesehen, sprang natürlich für seinen Sohn – und dies auf klaviersolistisch bekannt exzellentem Niveau – ein. Er spielte – bei einigen Stücken das Programm ändernd – den eigentlich für Sohn Viktor vorgesehenen Frédéric Chopin-Part vor der Pause.
Sichtlich gut gelaunt – sehr wohl verständlich ob des Klasse-Examens seines Sohnes – führte Alexander Urvalov dann in den insgesamt knapp zwei Stunden mit auch zahlreichen, mitunter humorvoll akzentuierten, Hintergrunderläuterungen im Sinne eines „Textkonzerts“ á la Leonard Bernstein („Young people´s concert“, New York) durch das musikalische Programm. Seinen erläuternden Worten ließ er natürlich dann als Pianist dann aber sehr wohl „musikalische Taten“ folgen: außergewöhnliche Klangbilder mit dem Konzertflügel – tonmalerische Charakeristika von sowohl Kompositionen Chopins als auch Schumanns.
Alexander Urvalov wies eingangs darauf hin, man feiere in diesem Jahr die 200. Geburtstage der beiden großen Komponisten Frederic Chopin (1810 – 1849) und Robert Schumann (1810 – 1856). Beide hätten der Nachwelt zahlreiche überragende Werke hinterlassen, insbesondere überragende Klavierwerke. Beide hätten aber in ihrem Leben sehr viel gelitten. Beide seien sehr unterschiedlich gewesen. Der Harmonie und Ausgewogenheit von Chopin stehe oft Zerrissenheit und betroffene Intimität von Robert Schumann gegenüber.
Franz Liszt, großer Komponist und ein Freund Chopins, habe einmal geschrieben: Chopins Musik könne man mit einem unübersetzbaren polnischen Wort beschreiben. Es bedeute wohl so viel wie Leid oder Sehnsucht. Die tragische Note sei in Chopins Musik immer spürbar. Es gebe aber auch andererseits viel Begeisterung und Freude in dessen Stücken, fuhr Urvalov in Erzählstil fort und ging in gleicher Weise, immer mit Bezug auf die letztlich tragische Lebenssituation des Komponisten, auch auf das musikalische Schaffen Robert Schumanns ein.
Tief versunken am Klavier sitzend und mit fließend-weichen Handbewegungen: so leitete Urvalov den Konzertabend mit Chopin´schen Klavierharmonien ein. Zunächst der „Barcarole Fis-Dur op. 60“, ursprünglich später vorgesehen, jetzt als Auftakt, aber ein Auftakt mit großer musikalischer Farbenpracht: leuchtend warm und klar.
Urvalov interpretierte Chopin gerade auch hier mit authentischer Feinfühligkeit, gepaart mit der dabei unverzichtbaren Tiefe der Ernsthaftigkeit, dies alles auch mit Intensität und dem ihm eigenen virtuos-gefühlvollen Darbietungsstil am Klavier: Kreierung wohlklingender harmonischer Differenzierungen, drängend, sich steigernd, um dann aber auch wieder abzugleiten in ruhiges Tempo seines Spiels. Insgesamt schon hier, wie auch später bei allen Stücken eindrucksvoll unter Beweis gestellt, eine Synthese großer pianistischer Brillanz, gepaart mit tiefer Empfindsamkeit und emotionaler Verve.Wie Walter Windisch-Laube im Konzertbeiblatt schreibt – für den geneigten Musikfreund wiederum sehr informativ -, handele es sich bei der Barcarole um ein großangelegtes, mit Momenten der Sonatenhauptsatzform ausgestattetes Klavierstück. Es sei als „das schönste aller Nocturnes“ bezeichnet worden – und wäre somit als ein nächtliches venezianisches Gondelstück aufzufassen: in Klangschichtung, im Pulsieren der Harmonien und Gleiten, Glitzern, Oszillieren der Klanggriffe deute es auf Debussy und Ravel voraus.
Dass es sich um eine der bildintensivsten Schöpfungen Chopins handelt, dies verdeutlichte Alexander Urvalov mit eingängig gefühlsstarker Interpretation auch beim Konzertabend in Alsfeld.
Das kompositorisch reichgestaltete musikalische Schaffen von Frédéric Chopin dokumentierte Urvalov dann auch mit der Aufführung weiterer Klavierstücke des polnischen Komponisten: des träumerisch ausgelegten Nocturnes 9 f-dur, dem virtuos interpretierten Walzer As-Dur, gespielt in atemberaubenden Tempo, dem Preludium F-Dur und letztlich zum Abschluss der großangelegten Ballade f-moll op. 52.
Behutsam und zart hier die Einleitung, dann ein fließendes Umschalten vom anfänglichen Dur zu dem so wehmütig an Beethovens „Für Elise“ erinnernden Hauptthema in f-Moll. Das Werk in der beeindruckenden Interpretation Urvalovs faszinierte insbesondere durch den Facettenreichtum seiner kompositorischen Ausgestaltung: mit frei improvisierten Episoden in reicher instrumentalsolistischer Figuration, einer Fülle thematischer Einfälle, mit stürmischen Klangaussagen bis hin zu einem beinahe triumphierenden Pathos.
Abgeschlossen wurde die Chopin´sche Ballade mit einem komplexen klanggewaltig intonierten Schlussteil, der den ganzen Einsatz des Pianisten mit all seiner solistischen Klasse erforderlich machte: bei einem letztlich gewaltigen Finale mit einem „gemeinsamen, tragisch anmutenden Höhepunkt“, so Windisch-Laube.
Im zweiten Teil des Konzerts – nach der rund zwanzigminütigen Pause – wandte sich Alexander Urvalov Robert Schumann zu: zunächst mit der Aufführung der sehnsuchtsvoll-innig interpretierten und einfach schön anzuhörenden Romanze Fis-Dur op. 28 Nr. 2, danach mit der kompositorisch voluminös ausgelegten Sonate fis-moll op. 11, auf die Alexander Urvalov schon im vorab das Publikum einstimmte. Schließlich dauere das Stück rund 30 Minuten.
Urvalov hatte auch – sehr zum musikalischen Verständnis des Auditoriums – jeweils im vorab die Hauptmotive der einzelnen Sätze kurz angespielt und somit auf das große Klavierwerk bestens vorbereitet: mit überströmender jugendlicher Leidenschaft und tiefer Empfindungsintensität. In einem Brief an Clara, seine spätere Frau, hatte Schumann übrigens die Sonate als „einen einzigen Herzensschrei nach Dir“ bezeichnet.
Urvalov intonierte die kompositorischen Intentionen mit einem Höchstmaß an Authentizität: so auch beim wundeschönen Liebesgesang, dem überaus florestanischen Scherzo mit übermütigen Sprüngen und nachhaltig drängenden Rhythmen, dem ironisch kolorierten Intermezzo und dem melodienreich gestalteten Finale mit einer Vielzahl von Eingebungen. Der interpretatorischen Extraklasse Alexander Urvalovs ist es zu verdanken, dass er gerade dieses anspruchsvolle und von jugendlicher Leidenschaft und Sehnsucht nur so strotzende Werk Schumanns mit der hier unverzichtbaren romantischen Ausstrahlungskraft zu gebührender musikalischer Größe und Geschlossenheit zu führen verstand.
Das Konzerpublikum anerkannte den solistischen Darbietungsreigen Alexander Urvalovs mit Werken Chopins und Schumanns mit langanhaltendem Applaus. Urvalov seinerzeit dankte ebenfalls: mit einer Zugabe, die wohl jedem bekannt gewesen sein dürfte, nämlich der „Träumerei“ von Robert Schumann.




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Jazz trifft Lyrik - ein bes(ch)wingter Abend

Alsfeld Musik Art: Frankfurt Jazz Trio und Ursula Illert unterhielten mit einem Gesamtkunstwerk aus Text und Musik

Alsfeld (hck). Einen Konzertabend der besonderen Art erlebten die knapp über 200 Besucher des 3. Konzertes im Rahmen von Alsfeld Musik Art in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule am vergangenen Samstag.
Jazz trifft Lyrik – nicht ausschließlich die Musik stand im Fokus dieses außergewöhnlichen Konzertabends, sondern gleichermaßen das gesprochene Wort, die Lyrik. Dennoch hatte das Frankfurt Jazz Trio das erste Wort und stimmte das Auditorium mit fröhlich-beschwingten Jazzklängen auf diesen Abend ein. Olaf Polziehn am Klavier, Martin Gjakonovski am Bass und dem Bandleader Thomas Cremer am Schlagzeug gelang es bereits mit diesen ersten groovigen Klängen, einen Funken freudiger Erwartung auf das Publikum überspringen zu lassen. Ursula Illert, von Hause aus Schauspielerin, hatte quer durch die lyrische Literatur der Jahrhunderte Texte ausgesucht, in denen eine der schönsten und vielfältigsten Blumen, die Rose, im Mittelpunkt steht. Sie symbolisiert Liebe, Zuneigung und Erotik ebenso wie Geheimnis, Erinnerung , Reinheit, Leben und Sterben. Die Liste der Autoren ist lang, die sich „durch die Blume“ ausdrücken, so jedenfalls abzulesen an Ursula Illerts Rezitationen. Da durften weder der persische Dichter Hafis, noch Goethe und Heinrich Heine, oder eher zeitgenössische Autoren wie Pablo Neruda, Hans Arp, Arno Holz, Hilde Domin oder Gottfried Benn fehlen. Gespannt erwartete das Publikum die ersten Worte von Ursula Illert, die von Beginn an mit außerordentlich professioneller stimmlicher Qualität zu überzeugen wusste. Höhepunkte waren nicht nur das in breitem Hessisch vorgetragene „Dornreesche“, oder das mehr singend als sprechend rezitierte „Heideröslein“. Alle Facetten ihrer stimmlichen Möglichkeiten fanden ihren Niederschlag in den entweder mehr gefühlvoll-sentimentalen oder auch dramatischen Aussagen der jeweiligen Gedichte.
Wer erwartet hatte, dass sich Jazz und Lyrik abwechselnd zu Wort melden würden, sah sich getäuscht. Übergänge erfolgten oft fließend, so dass das Wort noch durch die Musik begleitet wurde, oder die Rezitation bereits einsetzte, während die Musik allmählich verklang. Wunderbar die jazzige Unterlegung eines Gedichtes durch den Bass, der sich klanglich dabei immer mehr zurückzog, aber in der Lyrik präsent blieb. Dieses nahezu perfekte, hochsensible Aufeinandereingehen von Jazz Trio und Rezitation bestimmte den gesamten Ablauf und war auch immer wieder optisch wahrnehmbar in der Spannung der Künstler, wenn sie nicht am Zuge waren. Die Arrangements und Bearbeitungen der Jazz-Standards stammen übrigens von Olaf Polziehn. Er glänzte am Klavier mit phantasievollen Läufen von scheinbarer Leichtigkeit in hoher Perfektion. Thomas Cremer stellte sein Können mit kleinen Soloeinlagen unter Beweis, die vom Publikum entsprechend gewürdigt wurden.
Mag auch der eine oder andere der Zuhörer exakte Ansagen der jeweiligen Autoren der Gedichte oder der Jazz-Standards zunächst vermisst haben, so wurde allmählich immer deutlicher, dass Aussage und Interpretation im Vordergrund standen und den Fluss unnötig unterbrochen hätten. Bewusst eingesetztes dramaturgisches Kalkül. Gelegentlich spontaner und einfach heraus drängender Applaus des Publikums führte zu solch kleinen “breaks“, die aber von den Künstlern verständnisvoll akzeptiert wurden. Spätestens im Schlusswort von Thomas Cremer wurde klar, dass die Abfolge von Text und Musik „als ein Gesamtkunstwerk zu betrachten ist, das aber auch mit dem letzten Ton oder Wort abgeschlossen ist.“ Deshalb erfolgte – ungewohnt für Alsfelder Verhältnisse - auch keine Zugabe. Das Auditorium verstand es, geizte aber dennoch nicht mit lang anhaltendem, begeistertem Applaus. Wie hätte es anders sein können, erhielten die Künstler von Annette Thon vom Arbeitskreis als kleinen Dank jeweils eine Rose.
A rose is a rose, is a rose, is a rose – eine Rose ist eben nichts als eine Rose, wie es die amerikanische Autorin und Verlegerin Gertrude Stein ausdrückte. An diesem Abend jedoch war es mehr.




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Virtuos, enorm leichtläufig und atemberaubend

Leibniz Trio beim Konzert im Rahmen der Reihe Alsfeld Musik Art: ein Feuerwerk der Kammermusik - Fundierte Konzertzusatzbemerkungen

Alsfeld (la). Mit einem Feuerwerk der Kammermusik - Werken von Haydn, Ravel und Mendelssohn-Bartholdy - auf excellentem Darbietungsniveau intoniert von dem erfrischend-unbeschwert aufspielenden und bereits mehrfach preisgekrönten Leibniz Trio, setzte Alsfeld Musik Art am Samstagabend die Konzertsaison 2009/2010 fort.
Mit dem Auftritt der drei jungen Künstler – Hwa-Won Pyun (Violine), Lena Wignjosaputro (Violoncello) und Nicholas Rimmer (Klavier) – stellte Alsfeld Musik Art nach dem beifallumrauschten Auftaktkonzert des Quarrel Quartet´s seinen Abonnenten und den Musikliebhabern nun auch die Gewinner des 2. Preises - sowie auch des Sonderpreises für die beste Interpretation eines Werkes der Klassik - beim 5. Internationalen Kammermusikwettbewerb an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar vor: erneut ein Auftritt der Extraklasse.
Musikalisch zueinander gefunden hatte die Formation 2005 in Hannover. Seitdem konzertieren die jungen Virtuosen, schon ausgestattet mit einem reichen Fundus an Konzerterfahrung, immer wieder mit begeisternd lebendig ausgestalteter und dynamischer Interpretation von Kammermusik-Werken der Klassik. Selten sei ein Trio in so kurzer Zeit so bekannt und seien musikalischen Newcomern so viele hochkarätige Preise zuerkannt worden, schwelgen Presse und Publikum gleichermaßen von den drei Musikern.
Dass das Hannoveraner Trio – gegründet von drei Studenten der Hochschule für Musik und Theater Hannover – mit traumwandlerischer Sicherheit in beeindruckendem Gleichklang miteinander zu konzertieren und sich somit also als musikalische Einheit auf hohem Niveau zu präsentieren vermag, dürfte sicher auch Resultat der gemeinsamen Ausbildungslinien sein. Dass dem so ist, unterstrichen auch während der Konzertpausen immer wieder die heiter ausgelegten, dabei aber fundiert-interpretativen Konzertzusatzbemerkungen von Pianist Nicholas Rimmer: allesamt Zutaten zu einem höchst erbaulichen Konzertabend.
Den konzertanten Auftakt in der gut gefüllten Aula des Alsfelder Gymnasiums bildete die Interpretation des Trios C-Dur, Hob. XV: 27 von Joseph Haydn (1732 – 1809). Und schon gleich bei den ersten Klängen des Klaviers wurde deutlich: hier spielt mit Nicholas Rimmer ein junger Pianist der Extraklasse: atemberaubend virtuos, enorm leichtläufig und noch dazu mit einer Gestik und Körpersprache, als ob all dies überhaupt keine Herausforderung darstellt, alles eine Selbstverständlichkeit – pure Freude - ist. Dass der gebürtige Engländer mit zunächst auch Studium in Manchester und Cambridge schon jetzt zum Preisträger bei nationalen und internationalen Wettbewerben avancierte, dürfte nach dem Konzert auch in Alsfeld wohl keinen überrascht haben.
Beim Trio haben sich wohl fraglos die richtigen Drei gefunden, die sich darauf verstehen, mit authentischen und einfach schön anzuhörenden Interpretationen ihr Publikum zu begeistern: schöpferischer Hochgenuss. Das wurde auch in Alsfeld immer wieder deutlich. Stand natürlich die Stimme des Klaviers zumeist im Vordergrund der Klanggestaltung, so trugen aber auch sowohl die Violine, einfühlsam-klangzart gespielt von Hwa-Won Pyun (27) und der warme Celloklang, intoniert von Lena Wignjosaputro (26), zu dem insgesamt sehr harmonischen Gesamtcharakter des Konzertabends maßgebend bei.
So bestanden die drei auch die konzertante Herausforderung, mit lediglich drei Instrumenten – zwei Streichinstrumenten und dem Klavier -, insbesondere beim späteren Trio en la mineur von Maurice Ravel gleichsam orchestrale Klangfarben in den Raum zu zaubern. Auch Violinistin Pyun
sowie Cellistin Wignjosaputro wurden bereits mehrfach als Preisträgerinnen der Solistenklasse ausgezeichnet.
Haydn´sche Unbeschwertheit und Heiterkeit verströmte zunächst dessen Trio C-Dur, eingeleitet mit einem zügigen Allegro-Sonatensatz, ausgestaltet mit romantisch kolorierten Umspielungen des Pianos und auch breiter
gesanglicher Melodik. Alsfelds Kulturschaffender Walter Windisch-Laube charakterisierte hier in der wiederum sehr informativen Konzertbeilage das Thema des ersten Satzes als ein in der Hoch-Zeit der Wiener Klassik recht häufiges “in sich kontrastierendes mit Fanfaren- und Dreiklangs-Motivik einerseits, empfindsamer Seufzer-Melodik andererseits.“
Nach einem romantisch eingeleiteten Andante-Satz mit einer intermediären Moll-Passage brachte dann der rasante Schlusssatz (Finale: Presto) den fulminanten Abschluss des Haydn-Trios: hochvirtuose Kunst sowohl an Klavier als auch – insbesondere bei der Präsentation des ersten und eingängigen Einleitungsthemas mit der Violine - und insgesamt aller drei Konzertierenden in selbstsicherem Miteinander - mit einem Feuerwerk thematischer Verarbeitung in atemberaubenden Tempo. Langanhaltender Beifall war schon hier Dank des Auditoriums für musikalischen Hochgenuss.
„Das Stück ist fast schon orchestralen Ausmaßes“, leitete Nicholas Rimmer mit informativen Hintergrundbemerkungen zum nächsten Konzertbeitrag über: dem Trio en la mineur von Maurice Ravel (1875 – 1937). Rimmer machte auch deutlich, mit welchen kompositorischen Mitteln wie Spezialeffekten und tastenden Klängen Ravel versuche, die musikalische Farbenwelt zu kreieren.
Seinen Worten ließ Rimmer dann gemeinsam mit seinen Streicher-Kolleginnen dann „musikalische Taten“ folgen. Gefordert waren bei Ravel´s Trio – im Gegensatz zum klavierdominierten Haydn´schen Einleitungsstück – alle drei Solisten gleichermaßen: und dies auf technisch extrem anspruchsvollem Niveau.
Eingeleitet von einem gleichsam „schwingenden Tanz“ im Achtel-Rhythmus, so Rimmer, mit Bezug zu baskischen Tänzen, die Ravel kannte, spiegelten auch die weiteren Sätze (Pantoum: Assez vif; Passacaille: Très large und Finale: Animé) immer wieder die außergewöhnliche kompositorische Klasse Ravel´s wider wie rhythmische Raffinesse, ausgeprägte Melodik, letztlich Musik per sé.
Besonders eindrucksvoll im Ravel´schen Klavier-Trio das brillante Finale mit den für dieses charakteristischen ungeraden Taktarten, mit denen Ravel wohl an seine baskische Herkunft erinnere, so die Musikfachwelt. Gerade hier war das Leibniz Trio zu Höchstleistungen herausgefordert: mit auch mehrfach musikalischen Feinheiten wie erregendem Zwiegesang von Cello und Violine, Tremoli und Arpeggien, kraftvollen Klavierakkorden und letztlich mündend in einen Ausklang geradezu orchestraler Dimension.
Die Aufführung des Trios c-moll, op. 66 von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847) zum Abschluss des Konzertabends von Musik Art stand den vorausgegangenen Darbietungen wohl kaum nach. Dem geneigten Hörer dürften die Klangbilder, die das Leibniz Trio mit der Mendelssohn´schen Kammermusik generierte, wohl eingängiger erschienen sein als beim Vorläuferwerk: so mit der Entfaltung eines wunderschönen Themas im ersten Satz (Allegro energico e con fuoco) – zuerst vom Cello gespielt, dann aufgegriffen von der Violine und dem Klavier -, nachfolgendem Erwachsen rastloser Erregtheit, dem vom Klavier intonierten und von Violine und Cello fortgeführten ergreifend-cantabilen Andante – bis letztlich hin zum eindrucksvollen Finale.
In diesem dürfte Mendelssohn wohl einen Choral aufgegriffen haben mit insgesamt Beziehungen zu Themen auch anderer Komponisten wie Bach, Chopin oder auch Schumann.
Nachdem vorausgehend in der Durchführung das eingängige Leitthema und die variierte Melodie des Chorals „Vor deinen Thron trete ich hiermit“ (J. S. Bach) zueinander geführt worden waren, schloss die Aufführung mit einer vom Leibniz Trio grandios interpretierten und mitreißend klangfarbenreich gestalteten Coda.
Langanhaltender Schlussapplaus des Auditoriums war Dank für einen außergewöhnlichen Konzertgenuss. Die beseelten jungen Künstler gewährten natürlich auch noch eine Zugabe.




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Foto: Prof. Dr. Ingfried Stahl

Ausgereifter Auftakt der neuen Konzertsaison

Quarrel Quartet aus Warschau gastierte am Samstag zum Start der 21. Auflage von Alsfeld Musik Art in der Albert-Schweitzer-Schule

Alsfeld (la). Kaum ansprechender hätte die 21. Saison von Alsfeld Musik Art eröffnet werden können als mit den Konzertdarbietungen des anmutig-jugendlich, aber dessen ungeachtet bereits überzeugend ausgereift musizierenden „Quarrel Quartet´s“.
Die vier jungen Damen des Streichquartetts – Magdalena Makowska (27) (Violine), Karolina Weltrowska (25)(Violine), Anna Szulc-Kapala (28)(Viola) und Eunyoung Park (25) (Violoncello) – hatten mit ihrem Konzertauftritt mit Werken von Joseph Haydn, Bela Bartók und Johannes Brahms vor gut 140 Musikfreunden in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule einen glanzvollen Auftakt zu Alsfeld Musik Art 2009 gesetzt. Das Auditorium mit auch zahlreichen Musikliebhabern vom Fach anerkannte verdientermaßen den Konzertgenuss von hohen Graden mit langanhaltendem Beifall.
Die vier graziös und fein aufeinander abgestimmt musizierenden Künstlerinnen, die sich 1998 in Polens Hauptstadt Warschau zum „Quarrel Quartet“ formierten, sind Studentinnen der Musikhochschulen in Berlin, Hannover und Frankfurt am Main. Seit 2005 ist das Quartett Mitglied in der European Chamber Music Academy (ECMA) und belegt derzeit auch ein Studium in der Kammermusikklasse des Artemis Quartett an der UdK Berlin. Das Ensemble gewann schon mehrere erste Preise bei Musikwettbewerben, zuletzt im November 2008 auch beim 5. Internationalen Joseph Joachim Kammermusikwettbewerb in Weimar, der als Preis ein Konzert im Rahmen von Alsfeld Musik Art ausschreibt.
Dass die Solistinnen bereits in jungen Jahren über beachtliche konzertante Reputation verfügen, unterstrichen sie insbesondere auch beim brillanten Auftritt in Alsfeld, hatten sich die Frauen doch ein Programm gewählt, mit dem sie bereits seit einigen Monaten auch in anderen Konzertsälen erfolgreich gastieren: dem Quartett D-Dur op. 50 Nr. 6 („Frosch; Hob. II: 49) von Joseph Haydn (1732-1809), dem spieltechnisch höchst anspruchsvollen Quartett Nr. 4 (Sz 91) von Béla Bartók (1881-1945) und zum Abschluss dem Quartett B-Dur op. 67 von Johannes Brahms (1833-1897).
Heiter-verspielt und rhythmisch kam als Konzertauftakt zunächst das berühmte Quartett von Joseph Haydn daher: unbeschwerte Klänge ganz im Stil des Klassikers aus Eisenstadt, authentisch intoniert mit feinfühligen Bogenstrichen der vier Solistinnen, die einfach schön anzuhörende Klangbilder in die Aula zauberten.
Das viersätzige Werk (Allegro, Poco Adagio, Menuetto: Allegro und Finale: Allegro con spirito) gab allen vier Instrumentalistinnen breiten Raum zur Entfaltung ihrer spieltechnischen Virtuosität, allen voran aber 1. Violinistin Magdalena Makowska, die schon im schnellen Einleitungssatz filigrane Spielkunst vom Feinsten zelebrierte.
Waren die beiden ersten Sätze noch von einem Thema dominiert, also monothematisch ausgelegt – der schnelle erste steigerte sich hin zu großer Dynamik und Facettenreichtum, der dunkler kolorierte zweite kontrastierte hierzu bei aller Rhythmik und Figuration mit Anklang von auch Unruhe -, so kam das Menuett mit kraftvoll-temperamentvollem Klangbild daher: hörenswert mit punktierten Rhythmen und rhythmischen Grundmustern im Wechsel von kurz-lang, tänzerisch-schwingend, mit heiterem Kolorit.
Wie Dr. Walter Windisch-Laube in der auch einführend von 1. Violinistin Magdalena Makowska ausdrücklich gewürdigten Konzert-Programm-Beilage erläuterte, rührt „Der Frosch“ als Beiname des Haydn´schen Streichquartetts von seiner Eigenheit im schnellen Finale her, zieht sich doch hier der klangliche Effekt der sogenannten Bariolage – übersetzt: buntes Farbengemisch - durch alle Instrumentalstimmen: atemberaubend schnelle Tonwiederholungen, abwechselnd gespielt auf gegriffener und leerer Saite. Mitunter mag hier bei nicht vollkommener Spieltechnik der Klangeindruck von „Froschquaken“ herausgehört worden sein, daher der originelle Beiname des Quartetts.
Die Intonation der mit dieser zweifellos anspruchsvollen Spieltechnik möglichen Alternanz zwischen unterschiedlichen Klangfärbungen bei geradezu rasantem, entfesselten Spiel von insbesondere der solistischen 1. Violine bereitete dem Streicherquartett aber offensichtlich keine große Mühe. Mit großer Aufmerksamkeit - gepaart mit gerade hier unverzichtbarem Synchronismus - umschiffte das Damen-Quartett diese spieltechnisch sicherlich hohe Barriere in meisterlichem Stil: wie auch in allen weiteren Phasen des Konzerts gelassen-unverkrampft, absolut souverän und dabei auch noch mit freudigem Antlitz. Eher unerwartet in pianissimo verhauchte der Schlusssatz, gefolgt von großem Beifall des Auditoriums für Spielkunst auf hohem Niveau.
Im Mittelteil des Konzertabends – noch vor der knapp halbstündigen Pause – stellten sich die vier Streicher-Solistinnen noch einer besonders großen musikalischen Herausforderung: mit der Aufführung des Quartetts Nr. 4 (Sz 91) von Béla Bartók. Der ungarische Komponist hatte sich hier der sogenannten Brücken- oder Bogenform mit fünf Sätzen angenommen: Allegro, Prestissimo, con sordino, Non troppo lento, Allegretto pizzicato und Allegro molto.
Die Streichquartette Bartók´s können, wie es in einem Fachbuch einmal formuliert wurde, als „Rückgrat seines gesamten Schaffens“ klassifiziert werden. „Konstruktiver Intellekt, Klarheit und Ökonomie der Struktur“ – so Windisch-Laube in der Programm-Beilage, bildeten hier eine „Einheit mit starker Expressivität und Emotionalität.“
Dass Bartók´sche Kompositionen für die Ohren ungeschulter Musikliebhaber eher als gewöhnungsbedürftig einzustufen sind, dabei aber einen außergewöhnlichen Facettenreichtum von Motivik, Chromatik, Melodienvariation, Rhythmik und Themenauflösung mit Kreation immer neuer Entwicklungen offenbaren, wurde auch mit der Aufführung des komplexen Tongebäudes seines 4. Streichquartetts nur allzu evident.
Im eher eigenständigen Mittelsatz (Non troppo lento) – hier leitete das Violoncello Eunyoung Park´s mit zarten warmen Klängen wunderschön ein, später gefolgt von der 1. Violine Magdalena Makowska´s, dann der 2. Violine Karolina Weltrowska´s, danach der 2. Violine und der Viola Anna Szulc-Kapala´s, im abschließenden dritten Teil in Umkehrung zwischen dem Cello und der 1. Violine – wurde die Melodie dementsprechend und somit gut herauszuhören in allen Streichinstrumenten insgesamt dreimal variiert.
Besonders eindrucksvoll, weil ausschließlich durch Zupfen der Instrumente, also pizzicato, gespielt gestaltete sich die Intonation des zügigen vorletzten Satzes (Allegretto pizzicato): für den Betrachter nicht nur ein Ohrenschmaus, sondern auch ob des simultanen Konzertierens – gepaart mit graziöser Körpersprache - eine Augenweide. Mit einer fließenden langsamen Handbewegung vollendeten die vier Solistinnen.
Der Abschluss des Konzertabends mit dem „Quarell Quartet“ war der Aufführung des Quartetts B-Dur op. 67 von Brahms vorbehalten: von der Kontrastierung von stilisierten Jagdsignalen und Polkaklängen in schwelgender Melodik im schnellen Kopfsatz, über den zweiten Satz – hier entfaltete die 1. Violine Magdalena Makowska´s eine bezaubernde Melodie -, anmutig-tänzerischen Violaklängen Anna Szulc-Kapalas, tonmalerisch unterlegt von Pizzicati ihrer Quartett-Koleginnen bis hin zum variationenreichen krönenden Finale (Allegro molto) mit auch musikalischer Nähe zum späten Ludwig van Beethoven.
Das Konzertpublikum dankte den vier jungen Damen des „Quarell Quartet´s“ für einen musikalisch höchst erbaulichen Konzertauftakt von „Alsfeld Musik Art“ – einem Auftakt nach Maß: Zugabe selbstverständlich eingeschlossen.