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Das erweiterte Limes Trio (Dimiter Ivanov, Kasia Wieczorek, Peter Zelienka, Ulrich Horn) bei der Zugabe. (Foto: Windisch-Laube)

 

Mitreißend, erhellend und zum Heulen schön

Ein Ensemble des hr-Sinfonieorchesters zu Gast bei Alsfeld Musik Art



ALSFELD - (wwl). Drei sehr unterschiedliche, auf je eigene Weise sprechende und ansprechende Werke umfasste das Programm des jüngsten Konzertes in der seit über drei Jahrzehnten erfolgreichen Kammermusik-Reihe Alsfeld Musik Art. Zu Gast war in der Schillerstraßen-Aula der Albert-Schweitzer-Schule einmal mehr ein Ensemble aus den Reihen des hr-Sinfonieorchesters.

Diesmal, vergangenen Sonntag, präsentierte das Frankfurter Limes-Trio in der Besetzung Violine, Violoncello und Klavier sein überragendes Können, im finalen Programmpunkt dann zusammen mit Peter Zelienka an der Viola, der zugleich als künstlerischer Organisator für die Kammermusikkonzerte des Hessischen Rundfunks mitverantwortlich zeichnet. Dimiter Ivanov (Violine), Ulrich Horn (Violoncello) und Kasia Wieczorek (Klavier), gemeinsam eben als Limes-Trio figurierend, spielten sich auf einander und den akustisch nicht ganz unproblema-tischen Saal ein mit jenem ihrer drei mitgebrachten Werke, das als entstehungszeitlich ältestes und wohl eingängigstes prädestiniert war, dies spätnachmittägliche Konzertereignis zu eröffnen: mit dem C-Dur-Klaviertrio KV 548 aus Mozarts Nach-Don-Giovanni-Jahr 1788, dem meisterlichen Werk eines 32-jährigen.

Bei aller Begeisterung für die technische und musikantische Brillanz der Ausführung gab es zur Interpretation dieses (und nur dieses) Werkes auch ein paar leise kritische Stimmen, ein leichtes Stirnrunzeln gleichsam zu einer Darbietung auf höchstem Niveau. Die klangliche Ausgewogenheit habe, zumindest auf einigen Hörer-Plätzen, stellenweise unter einer gewissen Härte des Klaviertones gelitten, einige kleine Unstimmig- und Großzügigkeiten wurden vermerkt, wie auch das Streicher-Vibrato dem Stil und der Zeit Mozarts nicht allen ganz angemessen dosiert erschien. Andererseits vermittelten die drei Mozarts Klangrede sehr anschaulich und gelungen, sein Konzept einer sowohl (fast) jedem und jeder unmittelbar verständlichen als auch hochgradig artifiziellen Tonsprache: der eines zuweilen verspielten, ausgefuchsten Harmonikers und Satzkünstlers, eines Meisters weiter Spannungsbögen, eines Gestikers und Opern-Dramatikers auch in seinen rein instrumentalen Werken.

Vorgestellt wurde sodann, als ein Novum in Alsfeld, dem gespannt und konzentriert lauschenden Publikum ein Klaviertrio des türkischen Ausnahmekünstlers Fazil Say. Die drei nur durch freie rhapsodische Überleitungen voneinander abgegrenzten Sätze seines ebenso eigenwilligen wie faszinierenden Werkes „Space Jump“ von 2013 reichen in ihrem klanglichen Horizont von Minimalismus à la Arvo Pärt über orientalische Einfärbungen und schillernde Impressionis-men bis hin zu phasenweiser perkussiver Motorik, die an Bartók oder Prokofjew denken lässt. Hinter der Unmittelbarkeit der klanglichen Wirkung und dem Changieren zwischen Energetik und scheinbar schwerelosem Schweben verblasste weithin der Umstand, dass die Klangwelt dieses Stückes sich einer außermusikalischen Anregung mitverdankt: einem Rekord-Fallschirmsprung aus der Stratosphäre. Nicht zuletzt vermittels der Genauigkeit und verständigen Intensität, mit der das Limes-Trio diese für viele ungewohnte Komposition darbot, vermochte es sicherlich eine Bresche für zeitgenös-sische Musik und die Auseinandersetzung mit ihr zu schlagen.
Als Glanzpunkt des frühen Abends bleibt gewisslich das Klavierquartett (op. 47) von Robert Schumann in Erinnerung, das er 1842, in der Hochphase seines Schaffens, komponierte –mit ebenfalls 32 Jahren, so wie Mozart seinen Konzert-‚Opener‘. Schumanns Opus ist eines der mitreißendsten und berückendsten kammermusikalischen Werke des 19. Jahr-hunderts. Fungierte schon die Besetzung Klaviertrio damals häufig als eine Art Orchester-Ersatz, so erzielt Robert Schumann hier, mit nur einem Instrument mehr, der Viola, nachgerade orchestrale Wirkungen von großer Wucht und, am Gegenpol, verhalten-kontemplativer Eindringlichkeit; die zwei von Schumann erdachten Ichs, Florestan und Eusebius, geben einander auf dem Podium den Stab wechselweise in die Hand.

Kaum je ist das Schumannsche Klavierquartett in solcher Homogenität und intensiven Dichte bei gleichzeitig beeindruckender Transparenz zu erleben gewesen wie in diesem Konzert, eine schwerlich zu übertreffende Interpretation. Hier stimmte alles, die Ausführenden schwangen sich auf jede Nuance gemeinsam ein, atmeten und bewegten sich wie ein Klangkörper im wahrsten Sinne. Die fahlen Passagen kamen genauso zur Geltung wie auf der anderen Seite die stürmisch-leidenschaftlichen Auf- und Abschwünge. Der „zum Heulen schöne“ 3. Satz, das Andante cantabile, wurde zur Beglückung vieler als Zugabe noch einmal aufgelegt, nun inmitten der von Musik-Art-Organisatorin Annette Thon überreichten Rosen.

 

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Das hochbegeisterte Publikum erklatscht insgesamt drei Zugaben von Alexander Urvalov - Foto: Windisch-Laube

 

Ganze Vielfalt romantischer Klavierkunst

Alexander Urvalov bietet mehr als 160 Zuhörern im Rahmen von Alsfeld Musik Art ein grandioses Chopin-Rezital



ALSFELD - (WWL) Um es vorwegzunehmen: Die berechtigte und aus der Vergangenheit vielfach genährte Erwartung, dass dies ein großer Chopin-Abend werden würde, wurde nicht nur nicht enttäuscht, sondern vielmehr aufs Schönste erfüllt. Schon mit den ersten Tönen seines klug ausgewählten und dramaturgisch geschickt angeordneten Chopin-Programms zog Alexander Urvalov die mehr als 160 Zuhörerinnen und Zuhörer aller Altersstufen in seinen Bann und direkt in den unverwechselbaren Zauber der Chopinschen Klangwelt hinein.

Der Pianist und Klavierpädagoge Alexander Urvalov in Alsfeld wohnhaft, ist ohne Frage doch weit mehr als ein Lokalmatador. Und namentlich als Chopin-Interpret genießt er einen europaweiten Ruf, seitdem er, schon während seines Studiums, Preisträger beim Internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau war.

Fryderyk oder Frédéric Chopin – die zwei gängigen Schreibweisen seines Vornamens, die polnische und die französische, stehen auch für eine Internationalität, wie sie Musikern seit jeher eignet, ganz besonders aber die Klavierkünstler des 19. Jahrhunderts kennzeichnete: Liszt, Chopin, Busoni und viele andere. Sowohl international als auch von den Hörgewohnheiten und -erwartungen bunt gemischt war das Publikum des samstagabendlichen Musik-Art-Konzertes; häufiger als in anderen Konzerten gab es das Mitsummen „zu Herzen gehender“ Melodien oder das spontane Reagieren auf staunen machende, atemberaubende Virtuosität zu erleben, die vordergründig als Artistik zu verbuchen sein mag. Die Bandbreite der Zuschauer-Haltungen hängt auch mit dem zusammen, was man den ‚Shakespeare-Effekt‘ von Chopins Musik nennen könnte: ihre Wahrnehmbarkeit auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Frédéric Chopin war eben dies alles: Avantgarde-Künstler (aus seiner Zeit heraus), hochartifizieller Formen- und Strukturen-Gestalter, Schöpfer überzeitlicher Kunstwerke, aber auch Entertainer im aristokratischen Gewand und Urheber populärer, (scheinbar) mitsingbarer Melodien.

Steinway-Flügel – ein solcher ist das Musik-Art-Konzertinstrument in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule – gab es zu Chopins Lebzeiten noch nicht. Am häufigsten spielte er die Instrumente der französischen Klavierbauer Érard und Pleyel, Letztere besonders bei Werken eher kontemplativen und singenden Charakters, so beispielsweise den Nocturnes (wie jenem das Konzert eröffnenden in cis-Moll) oder dem Mittelteil des Fantaisie-Impromptu op. 66; wenn am Ende dieses Opus die Melodie des ohrwurmhaften Mittelteils im Bass noch einmal aufklingt, ist es, als ob die reine Schönheit sich schließlich gegen alle Stürme des Lebens zu behaupten vermöchte. So vermittelte Alexander Urvalov diese Stelle; und er gab in seiner hohen Kunst der Klang- und Anschlagsdifferenzierung den unterschiedlichsten Werken aus Chopins Œuvre jeweils genau den richtigen Ton, gestaltete die Verdichtungen und den Spannungsabbau innerhalb weit geschwungener Bögen mit stets geschmackvollem Rubato, ließ die Mittelstimmen ganz so hervortreten oder aufblitzen, wie Robert Schumann es für Chopins eigenes Spiel schon 1837 geschildert hatte.

Fast die gesamte Bandbreite kunstvoller Etüden-Komposition klang in Urvalovs Zusammenstellung vierer Chopinscher Gattungsbeispiele auf. Als Exempel für Chopins Mazurken präsentierte er das immer neu als Kanon oder Fugato ansetzende fis-Moll-Werk op. 50/3, welches den Volkstanz weit hinter sich lässt; und das epochemachende, wiewohl nicht allzu leicht verdauliche Scherzo No. 1 aus Chopins Feder beschloss den ersten Konzertteil.

Vielfalt und Kontrastreichtum bestimmten auch den zweiten. Die „Berceuse“ ist einesteils Wiegenlied, andererseits Versuchsanordnung, wie über einem immer gleichen Begleittakt sowohl große melodische Bögen gespannt als auch unzählige Motivvariationen einen ebenso filigranen wie fesselnd-berückenden Reigen bilden können.

Chopins Walzer indessen sind keine Tanz-, sondern Konzert- oder Kammermusikstücke. Gerade das Gesamt-Opus 34 bietet einen umfassenden Höreindruck unterschiedlicher Walzer-Charaktere aus dem Œuvre des Fryderyk Chopin. Auch hier er- und bewies sich Urvalov wiederum als bemerkenswerter, gleichermaßen klangsinniger und -inniger wie brillanter Interpret romantischer Tastenkunst. Am Ende des offiziellen Konzertprogramms stand ein für Klavier und Orchester komponiertes Opus: die Grande Polonaise mit vorangestelltem „Andante spianato“. Dies Konzertwerk vereint Glanz, Eingängigkeit und Virtuosität; bei Urvalov nie vordergründig, stets in die Tiefen des Gemeinten vordringend und am Gesang als dem Ideal Chopinscher Klaviermelodien orientiert. Der Interpret kostete die Polarität der Werkteile gestaltend aus, konturierte gekonnt die Gegenlinien und lieferte durch seine Spielweise sogar indirekt den Klangteppich des zu imaginierenden Orchesters noch mit.

Das hoch begeisterte Publikum erklatschte insgesamt drei Zugaben; die erste war ein weiterer Walzer (op. 69/2), die zweite abermals eine Etüde (op. 25/12) und die dritte schließlich: das siebente, kürzeste aller Préludes – eines von Chopins Haupt-Genres, das im Programm bis dahin nicht vertreten war.

 

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Das Olaf-Kordes-Trio zu Gast bei Alsfeld Musik Art - Foto: Kramer

 

Absolut wunder*hör*bar

Das Olaf-Kordes-Trio bescherte zwei unterhaltsame Musikstunden zwischen Klassik und Jazz 



ALSFELD - (CS) Im Rahmen der Reihe "Alsfeld musik art" lud am vergangenen Wochenende das Bielefelder Olaf-Kordes-Trio in die Aula der Albert-Schweitzer-Schule zu einem ganz besonderen Konzerterlebnis ein. Eingebettet in die mit Wissenswertem, Amüsanten und Anekdötchen gespickte Moderation des gut gelaunten Trio-Leaders Olaf Kordes schlugen die drei exzellenten Musiker mit Kordes am Flügel, Wolfgang Tetzlaff am Kontrabass und Karl Godejohann am Schlagzeug einen Bogen von "Resignazione" bis hin zur "Ricreazione", und in der Tat - Erholung, Entspannung im besten Sinne des Wortes stellte sich ein nach diesem Konzerterlebnis, denn der gewählte "rote Faden" bot den Zuhörern viele spannungsvolle Momente und besondere Klangerlebnisse.
Den drei Musikern gelang es immer wieder in zauberhafter Weise, Elemente der klassischen Musik aufzunehmen und in jazzige Klänge und Rhythmen einzuweben, die dann wie aus dem Nichts auftauchten - gewissermaßen alte Bekannte, die vorbeiwehten und schließlich wieder verschwanden: "Leihgaben" dieser Art kamen etwa von Franz Liszt, mit dessen ganz zurückgenommenen Spätwerk "Resignazione" die Bielefelder ja den starken Auftakt setzten. Aber auch sakrale Stücke wie das "Verleih uns Frieden gnädiglich" von Felix Mendelssohn Bartholdy boten dem Kordes-Trio die Möglichkeit, ihr Können, aber auch ihr Einfühlungsvermögen in diese alte Musik und den respektvollen Umgang mit den Originalen in ihren Bearbeitungen unter Beweis zu stellen. So erschien dann auch das an und für sich sehr bekannte und oft gehörte "Somewhere over the Rainbow" von Harold Arlen im neuen Jazz-Gewand als ein echtes Aha-Erlebnis.
Und wieder immer Johann Sebastian Bach - seine Musik schien es dem Kordes-Trio besonders angetan zu haben, denn sie durfte gleich mehrfach in Erscheinung treten. Etwa die Klänge eines Satzes aus dem 5. Brandenburgischen Konzert: Den Musikern gelang es hier, allein mit Piano-, Kontrabass- und Schlagzeugklängen alle Instrumente der Bachschen Originalfassung in raffinierter Form hörbar zu machen. Das Alsfelder Publikum, das ja bekanntermaßen durchaus auch barocken Klängen und klassischen Konzerten vieles abgewinnen kann, zeigte sich jedenfalls begeistert angesichts der jazzigen Interpretation und bedankte sich bei dem Trio mit langanhaltendem und herzlichem Applaus.  

 

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350 Zuhörer erlebten am Totensonntag geistliche Chormusik rund um das Requiem von Mozart.Foto: Ina Velte

 

Viel Applaus für ergreifendes Konzert

Marburger Vokalisten, Alsfelder Konzertchor und Main-Barockorchester führen Mozarts Requiem auf
Die Vergänglichkeit des Lebens stand im Mittelpunkt eines würdevollen Abends in der Pfarrkirche.



MARBURG -Von einem geheimnisvollen Boten bestellt, im Wettlauf mit dem eigenen Tod komponiert – um kaum ein Werk ranken sich so viele Mythen und Legenden wie um das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart.

Ungeachtet dessen, oder gerade deshalb, mauserte es sich bis heute zu einem seiner beliebtesten Werke. Komponiert wurde das Requiem – und so viel ist sicher – im Stil einer klassischen Totenmesse. Was also fasziniert die Hörer daran so besonders, auch jenseits der Gotteshäuser?

Ein Gemeinschaftsprojekt aus Alsfelder Konzertchor, Marburger Vokalisten, dem Main-Barockorchester Frankfurt und vier herausragenden Solisten
lieferte am Sonntag eine Antwort auf diese Frage.

Zunächst stimmten die etwa 90 Mitwirkenden unter der Leitung von Thomas Walter mit Mozarts berühmtem „Laudate Dominum“ in den Abend ein. Die Violinen hatten den ersten Aufschlag, den sie warm klingend und gefühlvoll zelebrierten.

Dazu ein arioser, hauchzarter Sopran von Gabriele Hierdeis und ein ebenso sanfter Choreinstieg mit Textauszügen aus Psalm 116. Ignaz Ritter von
Seyfried (1776-1841) lieferte mit „Libera me domine“ das zweite Stück des Abends. „Errette mich Herr“, strömte wie ein flehender Anruf Gottes aus dem Altarraum, in dem der Chor seinen Platz gefunden hatte.

Dass der Dirigent großen Wert auf deutliche Artikulation seiner Chorsänger legt, die gut akzentuiert agieren und aufeinander achten, war auch während Mozarts berühmter Motette „Ave verum“ zu spüren. Dem bis dahin Gehörten setzte das Requiem thematisch noch die Krone auf:

Allumspannend waren die große Furcht vor dem Zorn Gottes und damit verbundenen Höllenqualen, eine immer wieder aufkeimende Hoffnung und das Flehen um Vergebung.

Das Orchester interpretierte mit seinen historischen Instrumenten einfühlsam und auf den Punkt – ob beim Donnersturm der Trompeten im
„Dies irae“ (Tag der Rache) oder den flehenden Seufzern der Streicher im „Lacrimosa“ (Tag der Tränen).

Die vier ausgewogenen Stimmgruppen in Sopran, Alt, Tenor und Bass brachten glaubhaft und berührend die lateinischen Texte zu Gehör. Vor allem
der gut besetzte Bass zeigte in der „Quam olim Abrahae“-Passage im „Hostias“ seine Stärke, wo er zunächst führte und später souverän an die Frauenstimmen übergab.

Einzig und allein das „Domine Jesu“, mit seiner schönen, mehrschichtigen Melodik litt im Sopran vorübergehend unter dem sehr schnellen Tempo.

Die allgemeingültige Botschaft von der Überwindung des Todes durch den Glauben kam aber ohne Zweifel beim Publikum an. Mozart hat sie wie einen
roten Faden in die Noten hineingewebt. Vielleicht auch deshalb so  überzeugend, weil er während des Komponierens selbst den nahen Tod spürte – er verstarb vor Beendigung des Werkes 1791 im Alter von nur 35 Jahren.

Die Solisten, Gabriele Hierdeis (Sopran), Birgit Schmickler (Alt), Fabian Kelly (Tenor) und Markus Flaig (Bass) spielten in Mozarts Requiem zwar keine
Hauptrolle, dennoch waren sie ein Glanzlicht des Abends. Mit süßestem Bitten und in perfekter Harmonie flehten alle vier gemeinsam im „Recordare“ Jesus um Milde an. In großer Lässigkeit meisterte Flaig das berühmte „Tuba Mirum“. Der Jüngste im Viererbund, Tenor Fabian Kelly, stand den gestandenen Solisten in keinster Weise nach. Im „Benedictus“ stach er mit seiner Interpretation und einer Stimme zum Davonträumen aus dem Solistenverbund hervor, womit er sich geradewegs in die Herzen der Konzertbesucher katapultierte.

Insgesamt erlebten Zuhörer und Mitwirkende eine ergreifende Mischung aus Chor und Solisten, die durch das Orchester eindrucksvoll in Szene gesetzt
wurden. Nach dem Konzert gab es langanhaltenden Applaus für diese Leistung.

 

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Das Mozart-Requiem erfüllt die Alsfelder Dreifaltigkeitskirche. Foto: T. Gremmel

 

In mystischen Klängen unserer Vergänglichkeit nachgespürt

Mit Mozarts Requiem einen musikalischen Glanzpunkt zum Ewigkeitssonntag gesetzt



ALSFELD -Am vergangenen Wochenende endete das Kirchenjahr – mit dem Advent und der Erwartung des Weihnachtsfestes beginnt der neue Zyklus. Traditionell gedenkt man in der Kirche Ende November der Verstorbenen – aber nicht allein in Trauer zurückgewandt, sondern nach vorne blickend auf das Reich Gottes, das da kommen soll – bei den Katholiken heißt der Sonntag dementsprechend auch Christkönigfest, das auf die Herrschaft Gottes und die Überwindung des Todes hinweist.

Wolfgang Amadeus Mozart hat in seinem kurzen Leben viele göttliche Musik geschaffen, die uns noch heute beglückt oder sogar – wie bei seinem Requiem, das er kurz vor seinem frühen Tode quasi für sich selbst schrieb und nicht mehr vollenden konnte – in ihrer Harmonie-Perfektion beinahe verstört. Kaum einer kann sich den Klängen dieser anspruchsvollen Komposition entziehen und wird nicht in ihren Bann gezogen.

In der vollen Alsfelder Dreifaltigkeitskirche erfuhren die Anwesenden das Mysterium dieser faszinierenden Mozartschen Klänge seiner „Seelenmesse“, als – unter der Leitung von Thomas Walter - der Alsfelder Konzertchor und die Marburger Vokalisten gemeinsam mit dem Main-Barockorchester das Mozart-Requiem zur Aufführung brachten. Ja – mehr noch – vor dem Requiem konnten die Zuhörer schon in den Klängen des „Libera me domine“ von Iganz Ritter von Seyfried sowie von Mozarts „Laudate Dominum“ und „Ave verum corpus“ schwelgen. Bei von Seyfried, einem Klavierschüler von Mozart und offenbar einem musikalischen Verehrer seines Lehrers, klangen Elemente des Requiems bereits deutlich an. Das liebliche Laudate Dominum wurde mitgetragen von dem absolut klaren Sopran der Solistin Gabriele Hierdeis, die hier schon vor dem Hauptaufführungswerk einen ersten strahlenden Auftritt hatte. Das nur wenige Takte lange Ave verum wiederum, vom Chor einfühlsam vorgetragen, verzauberte und entrückte die Zuhörer, bereitete sie gewissermaßen unmittelbar vor auf den Introitus des Requiems – der Auftakt vom Orchester eindrücklich vorgetragen, der Chor Stimme um Stimme einfallend und die Klangentfaltung nochmals verstärkend: Herr, gib Ihnen die ewige Ruhe…

Das Requiem – in seiner Aufführungsdauer von einer knappen Stunde eigentlich gut überschaubar – entführte die Zuhörer dann in einen Reigen von Melodien, die wie in einem Lebenslauf unaufhaltsam aufeinanderfolgten, teilweise miteinander verwoben waren und sich doch immer als flüchtig und nicht festzuhalten erwiesen. In ihrer Charakteristik setzten sie aber dabei ein deutliches Ausrufezeichen nach dem anderen: Die vier Solisten, neben der bereits erwähnten Sopranistin noch Birgit Schmickler (Alt), Fabian Kelly (Tenor) und Markus Flaig (Bass) setzten eigene wunderbare Glanzpunkte mit dem „Recordare“ und dem „Benedictus“, in denen das Publikum durchatmen und zur Ruhe kommen konnte. Die Einwürfe des Chores davor und danach hingegen wie etwa das „Rex tremendae“ oder das „Confutatis“ rissen die Zuhörer in ihrem Tempo, in ihrem Wechsel der Stimmungen und zwischen Laut und Leise quasi von den Kirchenbänken. Lieblich und fast ein wenig tänzerisch wiederum wirkte das „Lacrimosa“ und süß und klagend das „Hostias“.

Thomas Walter hatte stets engen Kontakt zu seinem Ensemble und lotste es mit seinem Dirigat sinnbildlich durch alle Klippen der komplexen Partitur; das Publikum belohnte die rund 100 Musiker und Sänger auf der Bühne dafür mit langanhaltendem Applaus.

 

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Die georgische Pianistiin Tamta Magradze bei Alsfeld Musik Art. Foto: WWL

 

Eindringliche Interpretationen

Eröffnung von Alsfeld Musik Art mit großem Konzertabend einer 24-jährigen Tasten-Exzellenz



ALSFELD - (WWL) Vom Wispern übers Rauschen bis zum Sturmgebraus, und das alles in höchster klanglich-anschlagstechnischer Delikatesse: die 24 Jahre junge georgische Pianistin Tamta Magradze zog die Alsfelder Zuhörerschaft schon durch ihre ersten Töne in Bann. Zunächst ließ sie den knapp 40-jährigen Joseph Haydn mit seiner f-Moll-Sonate vor dem Publikum als dramatisch zugreifenden ebenso wie filigran verspielten und „tirilierenden“ Tastenmusiker erstehen, der im Grenzbereich zwischen Cembalo und Hammerflügel sowie zwischen barock-galanter, empfindsamer und klassischer Schaffensweise Neuland zu erkunden sucht; dabei gelingt ihm, wie es der Konzertabend vermittelte, Domenico Scarlattis einsätzige Sonaten und Carl Philipp Emanuel Bachs Freie Fantasien im Hinterkopf, eine für die Sonaten-Historie wegweisende Synthese aus Italianitá und nord-mitteldeutscher Tradition.

Im kontrastreichen Anschluss demonstrierte Tamta Magradze sodann drei Seiten des Pianisten-Komponisten Sergej Rachmaninoff: in zwei Préludes den impressionistisch-klangmagisch im Gefolge Skrjabins und auf der Linie Liszt-Ravel sich bewegenden sowie den Romantiker von lyrischer Verträumtheit bis zu leidenschaftlichem Aufbäumen, und schließlich den hochvirtuosen Etüden-Verfasser, der die Klangsprache der Chopin- und Lisztschen Vorgänger-kompositionen schärft, ohne sie freilich zu revolutionieren oder wie die Vorgenannten damit Musikgeschichte zu schreiben. Weitab jeglicher Äußerlichkeit in der Virtuosität versteht es die derzeit in Weimar ein Masterstudium absolvierende Klavierkünstlerin, den Piècen Rachmaninoffs improvisatorische und satztechnische Qualitäten oder Raffinessen zu entlocken, die sonst hinter einer gleichsam gründerzeitlichen Fassade oftmals verborgen bleiben.

Mit Franz Liszt trat einer der beiden romantischen Schwerpunkte des Abendprogramms ins Rampenlicht. Zwei Werke wurden dargeboten, die beide in Facettenreichtum Liszts Idee einer Wiedervereinigung von Literatur und Musik exemplifizieren. Tamta Magradze gelang es, in gleichem Maße funkelnd wie detailreich reflektierend zum Sprechen zu bringen, was Liszt an literarischen Bezügen, hier zu Nikolaus Lenaus „Faust“ und zu Dantes ‚Göttlicher Komödie‘ in seine Klangstücke hochvirtuos „hineinkomponiert“ hatte: Mephistos und Fausts Exzesse oder den Widerstreit von Höllenpein und Liebesglut am Beispiel der Francesca da Rimini.

Nachdem sich mit den abschließenden Trillerpassagen des Lisztschen Mephisto-Walzers der erste Konzertteil auch im Spieltechnischen gerundet hatte, standen mit Robert Schumanns zweiter Klaviersonate und Liszts einsätziger Dante-Sonate zwei doch schon im Ansatz unterschiedliche Werke der deutschen Romantik auf dem Programm.

Die Sonate Opus 22 ist sicherlich eines der eher spröderen Werke des Erzromantikers Schumann, damit aber auch eine Herausforderung, der sich eine so hochkarätige Interpretin getrost stellen kann, um sie mit Bravour und glücklicher Hand bis in die einzelne Note hinein zu bestehen. Schwer zu sagen, ob man es bedauern sollte, dass Magradze sich für das auf Clara Wiecks Anraten später nachkomponierte und qua Veröffentlichung autorisierte Finale entschieden hatte, das gegenüber dem ursprünglichen Finalsatz ausdrucksschwächere. Denn sie vermochte auch dies Presto in ein würdiges Licht zu stellen. Indem ihre Interpretation das Drängende gegenüber dem Auftrumpfenden oder das in aller Unruhe Verhaltene gegenüber der Raserei betonte, konnte der Satz als nahezu zwingende Fortführung des innigen Andantino und des schelmisch-furiosen Scherzo erscheinen. Der langsame Satz aber bleibt und war auch in Magradzes Darbietung – als der am wenigsten „virtuose“ des Konzertabends – das Herzstück dieser Sonate, allein schon der Intensität wegen, mit der Schumann in C-Dur jenes fis zum ersten Melodieton macht, das spätestens seit des Komponisten erster Klaviersonate, in fis-Moll nämlich, Bekenntniston zur Geliebten Clara war. So spielte das Clara-Schumann-Jahr 2019 zumindest indirekt auch in diesen Konzertabend hinein. Als klug ausgewählt erwies sich, dass Magradze zwischen die Großwerke der zweiten Konzerthälfte ein im Zwischenbereich von Spätromantik und Impressionismus angesiedeltes Frühwerk Claude Debussys platzierte: seine „Ballade“ von 1890. Sie wirkte auch und gerade mit ihren Archaismen und Exotismen als Paradebeispiel erzählender Musik und vermittelte eine auf den finalen „Höllenritt“ aus Liszts Feder und Fantasie vorbereitende Ruhe. Dort stand dann die Spannung zwischen dem Infernalischen und der großen Liebes-Sehnsucht im Zentrum der interpretatorischen Aufmerksamkeit – und mit den Momenten des Fantasiehaften schloss sich bei aller stilistischen Distanz sogar ein Kreis zum Haydnschen Eröffnungs-Werk.

Die 31. Saison der Konzertreihe Alsfeld Musik Art, zu der am Beginn Annette Thon als Sprecherin des sie organisierenden Arbeitskreises mit Dank an alle Sponsoren, Unterstützer und Helfer begrüßte und einlud, hat in Gestalt dieses Klavierabends ein Eröffnungs-Feuerwerk gefunden. Die Fortführung der Konzertreihe erfolgt am Samstag, 23. November, mit Mozarts Requiem in der Alsfelder Dreifaltigkeitskirche.

 

 

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Das Programm der Konzertreihe Alsfeld Musik Art stellen (von links) Thomas Walter, Bürgermeister Stephan Paule, Christoph Kramer und Annette Thon vor. Foto: Krämer

 

Breite Palette an Konzerten

Arbeitskreis Alsfeld Musik Art stellt Programm für die Saison 2019/2020 vor / Regionale und prämierte Künstler auf der Bühne



ALSFELD - Jubiläum: Auf den Tag genau - am 1. Oktober 1989 - hatte der Arbeitskreis Musikfestival als "Vorgänger" von Alsfeld Musik Art (AMA) Premiere. Das erste Konzert des damals neugegründeten Arbeitskreises, der als musikfachliche Unterstützung für das Alsfelder Musikfestival wirkte, fand damals in der Stadthalle statt. "Das ist genau 30 Jahre her", stellte Annette Thon nun in dieser Woche bei der Vorstellung des Programms für die Saison 2019/2020 fest. Thon hatte 1991 die Leitung des später in AMA umbenannten Arbeitskreises von Christoph Kramer übernommen.

Weit mehr als 200 Konzerte hat AMA in den vergangenen 30 Jahren in der Stadthalle, im Museum und in der Aula des Albert-Schweitzer-Gymnasiums organisiert und veranstaltet. Jetzt präsentierte der Arbeitskreis die monatlichen Konzerte, die im Zeitraum von Oktober bis April stattfinden.

Bei den Programmvorstellungen immer dabei - die jeweiligen Bürgermeister. Für Bürgermeister Stephan Paule (CDU), der Musik selbst verbunden, ist AMA etwas Besonderes - und zwar deshalb, weil es dem Arbeitskreis immer wieder gelingt, Musiker von hoher Qualität über Klassik bis Jazz in Alsfeld auftreten zu lassen. Darunter sind auch Musiker, die nach ihren ersten Gastspielen an der Schwalm, zu musikalischen Preisträgern wurden.

TERMINE
. Konzert 1: Tamta Magradze, Klavier, am Samstag, 19. Oktober, um 20 Uhr in der neuen Aula der Albert-Schweitzer-Schule.
. Konzert 2: Mozart-Requiem mit dem Alsfelder Konzert-Chor am Samstag, 23. November, um 20 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche.
. Konzert 3: Jazz mit dem Olaf-Kordes-Trio am Samstag, 25. Januar, um 20 Uhr in der neuen Aula der Albert-Schweitzer-Schule.
. Konzert 4: Alexander Urvalov, Klavier, am Samstag, 15. Februar, um 20 Uhr in der neuen Aula der Albert-Schweitzer-Schule.
. Konzert 5: Kammerkonzert mit Musikern des HR-Sinfonieorchesters, am Samstag, 8. März, um 20 Uhr in der neuen Aula der Albert-Schweitzer-Schule.
. Konzert 6: Marmen-Quartett am Samstag, 26. April, um 20 Uhr in der neuen Aula der Albert-Schweitzer-Schule.

Auch in dieser Saison zeigt sich die Palette der Konzerte, die fast alle wieder in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule stattfinden, wieder breitgefächert. Die Konzertreihe beginnt am 19. Oktober um 20 Uhr mit einem Klavierkonzert von Tamta Magradze, einer Sonderpreisträgerin des 9. Internationalen Klavierwettbewerbes für junge Pianisten in Weimar. Im Programm fehlen nie die Alsfelder Beiträge. Und so weist bereits das zweite Konzert am Samstag, 23. November, einen lokalen Bezug auf. Der Alsfelder Konzertchor wird dann unter der Leitung von Thomas Walter das Mozart-Requiem in der Dreifaltigkeitskirche aufführen. Fester Bestandteil der Programmgestaltung war stets ein Jazz-Konzert. Hier wurde für dieses Jahr das Olaf-Kordes-Trio gewonnen, das sich bereits einen Namen in der Jazz-Szene gemacht hat, wie Christoph Kramer, der "Alsfelder Jazz-Erfinder", erläuterte. Mit Alexander Urvalov am Klavier und Musikern des HR-Sinfonieorchesters musizieren ebenfalls alte Bekannte in Alsfeld. Einen würdigen Abschluss der Konzert-Saison bildete das Marmen-Quartett, das in diesem Jahr zweiter Preisträger beim 8. Internationalen Kammermusikwettbewerb in Weimar wurde.

Die Eintrittspreise liegen unverändert bei 15 Euro je Konzert. Im Abonnement: 75 Euro. Karten sind im Vorverkauf im Buchladen "Lesenswert" am Marktplatz erhältlich.

30 Jahre Arbeitskreis Alsfeld Musik Art bedeutet nicht drei Jahrzehnte Konzerte in Alsfeld. Solche fanden bereits in den 1970er Jahren, nach der Einweihung des Regionalmuseums 1977, als Museumskonzerte statt. Ausrichter war damals der Geschichts- und Museumsverein Alsfeld. 1980 wurde daraus das Alsfelder Musikfestival geboren - initiiert durch die Alsfelder Kulturgemeinde unter Vorsitz von Konrad Rüssel. Träger des Musikfestivals war die Stadt Alsfeld; die künstlerische Leitung hatte Klaus Zoll - Sohn des bekannten Alsfelder Komponisten Paul Zoll. Das Alsfelder Musikfestival fand im zweijährigen Rhythmus statt. Zur Unterstützung der künstlerischen Leitung wurde bereits Mitte der 1980er Jahre ein Arbeitskreis Musikfestival durch den Magistrat eingesetzt.
Die Leitung wurde Christoph Kramer (ehemaliger Schulleiter der Gerhart-Hauptmann-Schule) übertragen. 1989 wurde Klaus Zoll von seiner künstlerischen Gesamtleitung des Alsfelder Musikfestivals entbunden; der Arbeitskreis Musikfestival pflegte eine enge Zusammenarbeit mit dem Hessischen Rundfunk. 1990 trat erstmals beim Alsfelder Musikfestival das HR-Sinfonieorchester in der Stadthalle auf und war bis 2006 ununterbrochen beim Musikfestival maßgeblicher Bestandteil. Die Stadt Alsfeld zog sich im Rahmen der Haushaltskonsolidierungen aus der Trägerschaft zurück.

Aus dem Arbeitskreis Musikfestival wurde 2007 der Arbeitskreis Alsfeld Musik Art, der bis heute für Organisation und Durchführung der Konzertreihe eigenständig verantwortlich zeichnet. Unterstützt wird dieser durch zahlreiche Sponsoren.

Die Mitglieder der Arbeitskreise Musikfestival und Musik Art sind beziehungsweise waren: Christoph Kramer, Helmut Köhler (bereits verstorben), Dieter Müller, Wilfried Fink, Thomas Walter, Annette Thon. Dem Arbeitskreis Musikfestival gehörten auch Konrad Rüssel, Gerhard Launer und die ehemalige Kantorin Andrea Groß an.

 

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