Foto: Martin G.Günkel
Mit multimedialer Show nach Italien entführt
Alsfeld Musik Art: Kammerorchester und Konzertchor gestalten Musik-Art-Finale und Kulturtage-Auftak
Oberhessische Zeitung, 19. Mai 14
Martin G. Günkel
Martin G. Günkel
Alsfeld. Eine italienische Nacht mit dem Alsfelder Kammerorchester und dem Alsfelder Konzertchor war das Finale der Jubiläums-Saison von Alsfeld Musik Art und zugleich der Auftakt der Alsfelder Kulturtage. Italienische Musikstücke, Kostüme und Lightshow in den Farben der italienischen Flagge und eine Diashow ergaben ein multimediales Ereignis, das den Besuchern in der voll besetzten Alsfelder Stadthalle viel Spaß bereitete.
Am Weiterbestehen des Alsfelder Kammerorchesters hatten schon etliche gezweifelt, doch de Formation hat ihre Nachwuchssorgen in den Griff bekommen. Als die Formation unter der Leitung von Volker Tost die italienische Nach eröffnete, zeigte sich, dass sich diese Mühe gelohnt hatte. Gleich beim ersten Stück, Giacomo Puccinis „I crisantemi“, steigerten sich die Musiker immer mehr hinein und wurden immer freier.
Bei Anonio Vivaldis Konzert in a-moll für Violoncello, Streicher und Cembalo spielte das Orchester gemeinsam mit Nanda Laube am Cello und Marina Pletner am Cembalo. Es wurde eine sehr flüssige Aufführung mit einem dicken Klang, bei dem der Dialog zwischen Soloinstrument und Orchester absolut funktionierte.
Als der Alsfelder Konzertchor unter der Leitung von Thomas Walter an der Reihe war, kam er singend auf die Bühne. Dort angekommen, widmete er sich der italienischen Renaissance-Musik. „Questa dolce Sirena“ von Giovanni Gastoldi kam sehr schwungvoll und mit äußerst klarem Klang daher. „Io piango“ von Luca Marenzio begann ganz sanft und bedächtig, ehe Bewegung und Dynamik in die Komposition kamen – wobei der Chor hier die Kontraste bestens abbildete. Bei Claudio Monteverdis „Ecco mormorar l'onde“ war die Lockerheit im Klang wie in der musikalischen Bewegung einfach hinreißend.
Clara Schumann war zwar keine Italienerin, hat aber Lieder geschrieben, die mit Italien zu tun haben – und so war auch sie auf dem Programm gelandet. „Abendfeier in Venedig“ sang der Chor ruhig, warm und mit zum Teil sehr satten Bässen. Die feine Arbeit mit der Dynamik und die ebenso feinen Reaktionen der Sänger auf Stimmungsnuancen im Lied begeisterten. „Vorwärts“ war ein Kontrast-Programm zum ersten Schumann-Lied. Bei „Gondoliera“ hat Clara Schumann schwerige Satzstrukturen verwendet, an die sich der Chor ebenfalls heranwagte.
Richard Genée hat mit seiner „Insalata Italiana“ eine Opern-Parodie geschrieben, deren Text lediglich aus aneinandergereihten Instrumenten-Namen, Genrebezeichnungen und Spielanweisungen besteht. Nach der Pause waren schließlich Opern-Komponisten des 19. Jahrhunderts an der Reihe. Gioacchino Rossini wurde jedoch nicht mit einer seiner Opern gewürdigt, sondern mit zweien der Lieder, die er in seinem selbst gewählten Ruhestand nach Lust und Laune geschrieben eigentlich nur für private Aufführungen vorgesehen hat. Bei ihnen standen einzelne Gruppen des Chors in einem Dialog, der ebenso gut funktionierte wie die Zusammenarbeit mit Begleit-Pianist Arno Pausch.
Giuseppe Verdi für in seine Opern Melodien geschrieben, die Popsongs wurden. Eine davon ist der Gefangenenchor aus „Nabucco“. Die Unisono-Passagen sang der Chor wunderbar unaufgeregt, um dann bei den kräftigeren Harmonie-Passagen wirkungsvoll die Energie zu steigern. Während der Gefangenenchor mit Klavierbegleitung erklang, sang der Chor Verdis „La donna è mobile“ in einer A-cappella-Version.
Das Programm endete mit populären italienischen Schlagern: „Buona sera“, „O sole mio“ und „Time to Say Goodbye“. Für den großen Beifall bedankten sich die Sänger und Thomas Walter noch mit zwei Zugaben. Die ganze Zeit über begeisterte der Chor nicht nur mit seinen Interpretationen an sich, sondern auch damit, wie gut er mit der Akustik der Stadthalle zurechtkam. Der Raum hat nicht einmal einen Hauch von Hall. Der Chor schaffte es trotzdem, die Musik nie zu trocken klingen zu lassen. Für die Moderation des Abends, die viele Hintergründe zu den dargebotenen Stücken beinhaltete, sorgten Ulrike Fleischmann und Christian Scharf.
Am Weiterbestehen des Alsfelder Kammerorchesters hatten schon etliche gezweifelt, doch de Formation hat ihre Nachwuchssorgen in den Griff bekommen. Als die Formation unter der Leitung von Volker Tost die italienische Nach eröffnete, zeigte sich, dass sich diese Mühe gelohnt hatte. Gleich beim ersten Stück, Giacomo Puccinis „I crisantemi“, steigerten sich die Musiker immer mehr hinein und wurden immer freier.
Bei Anonio Vivaldis Konzert in a-moll für Violoncello, Streicher und Cembalo spielte das Orchester gemeinsam mit Nanda Laube am Cello und Marina Pletner am Cembalo. Es wurde eine sehr flüssige Aufführung mit einem dicken Klang, bei dem der Dialog zwischen Soloinstrument und Orchester absolut funktionierte.
Als der Alsfelder Konzertchor unter der Leitung von Thomas Walter an der Reihe war, kam er singend auf die Bühne. Dort angekommen, widmete er sich der italienischen Renaissance-Musik. „Questa dolce Sirena“ von Giovanni Gastoldi kam sehr schwungvoll und mit äußerst klarem Klang daher. „Io piango“ von Luca Marenzio begann ganz sanft und bedächtig, ehe Bewegung und Dynamik in die Komposition kamen – wobei der Chor hier die Kontraste bestens abbildete. Bei Claudio Monteverdis „Ecco mormorar l'onde“ war die Lockerheit im Klang wie in der musikalischen Bewegung einfach hinreißend.
Clara Schumann war zwar keine Italienerin, hat aber Lieder geschrieben, die mit Italien zu tun haben – und so war auch sie auf dem Programm gelandet. „Abendfeier in Venedig“ sang der Chor ruhig, warm und mit zum Teil sehr satten Bässen. Die feine Arbeit mit der Dynamik und die ebenso feinen Reaktionen der Sänger auf Stimmungsnuancen im Lied begeisterten. „Vorwärts“ war ein Kontrast-Programm zum ersten Schumann-Lied. Bei „Gondoliera“ hat Clara Schumann schwerige Satzstrukturen verwendet, an die sich der Chor ebenfalls heranwagte.
Richard Genée hat mit seiner „Insalata Italiana“ eine Opern-Parodie geschrieben, deren Text lediglich aus aneinandergereihten Instrumenten-Namen, Genrebezeichnungen und Spielanweisungen besteht. Nach der Pause waren schließlich Opern-Komponisten des 19. Jahrhunderts an der Reihe. Gioacchino Rossini wurde jedoch nicht mit einer seiner Opern gewürdigt, sondern mit zweien der Lieder, die er in seinem selbst gewählten Ruhestand nach Lust und Laune geschrieben eigentlich nur für private Aufführungen vorgesehen hat. Bei ihnen standen einzelne Gruppen des Chors in einem Dialog, der ebenso gut funktionierte wie die Zusammenarbeit mit Begleit-Pianist Arno Pausch.
Giuseppe Verdi für in seine Opern Melodien geschrieben, die Popsongs wurden. Eine davon ist der Gefangenenchor aus „Nabucco“. Die Unisono-Passagen sang der Chor wunderbar unaufgeregt, um dann bei den kräftigeren Harmonie-Passagen wirkungsvoll die Energie zu steigern. Während der Gefangenenchor mit Klavierbegleitung erklang, sang der Chor Verdis „La donna è mobile“ in einer A-cappella-Version.
Das Programm endete mit populären italienischen Schlagern: „Buona sera“, „O sole mio“ und „Time to Say Goodbye“. Für den großen Beifall bedankten sich die Sänger und Thomas Walter noch mit zwei Zugaben. Die ganze Zeit über begeisterte der Chor nicht nur mit seinen Interpretationen an sich, sondern auch damit, wie gut er mit der Akustik der Stadthalle zurechtkam. Der Raum hat nicht einmal einen Hauch von Hall. Der Chor schaffte es trotzdem, die Musik nie zu trocken klingen zu lassen. Für die Moderation des Abends, die viele Hintergründe zu den dargebotenen Stücken beinhaltete, sorgten Ulrike Fleischmann und Christian Scharf.
Foto: Martin G.Günkel
Bis an die Grenzen der Instrumente
Alsfeld Musik Art: Geigerin Christel Lee und Pianistin Yumiko Urabe spielen Gastkonzert des Hessischen Rundfunks
Oberhessische Zeitung, 07. April 14
Martin G. Günkel
Martin G. Günkel
Alsfeld. Kompositionen, die an die Grenzen gehen, gespielt von Interpretinnen, die die Grenzen ihrer Instrumente ausloten - das gab es beim Gastkonzert des Hessischen Rundfunks in der Reihe Alsfeld Musik Art. Die Geigerin Christel Lee und die Pianistin Yumiko Urabe spielten ein Programm, mit dem sie es nicht auf Gefälligkeit abgesehen hatten. Damit begeisterten und berührten sie das Publikum in der voll besetzten Aula der Albert Schweitzer Schule.
Ein Werk für Violine solo war der packende Beginn des Konzerts: die Chaconne aus Johann Sebastians Bachs zweiter Partita in d-Moll, BWV 1004. Christel Lees Interpretation begann sehr expressiv, es folgte ein sehr melancholischer Abschnitt. Ihr Ton war jederzeit sehr singend, sehr hell und dabei immer rund. Auf höchst ansprechende Weise verband sie Klarheit und Wärme. Klarheit hatte nicht nur ihre Tongebung, sondern auch ihre Art, Strukturen einer Komposition abzubilden. Ihr Sinn für Spannungsbögen - auch für sehr lange - war großartig und trug sehr zur Intensität ihrer Interpretation bei. Eigentlich wäre es schön gewesen, die gesamte Partita in einer solchen Interpretation zu hören
Die Phantasie in C-Dur, D 934 für Violine und Klavier von Franz Schubert macht es weder Hörern noch Interpreten ganz leicht. Das Werk stamm aus dem Jahre 1827, gehört also zur Spätphase von Schuberts Schaffen. Der Komponist experimentiert hier stark mit Ausdrucksformen und nimmt spätere Jahrzehnte seines Jahrhunderts vorweg.
Der Beginn der Komposition ist allerdings erst einmal eingängig und recht gefällig. Yumiko Urabe begann mit einem dunklen, niemals zu fetten Klang, Christel Lee ließ ihre Geige einmal mehr singen. Im ersten Satz liegen häufig Geigen-Melodien mit langen Noten über perlenden und sehr bunten Klavierläufen. Die Geigerin ließ bei solchen sehr langen Noten das Vibrato ganz langsam anlaufen, was eine starke Wirkung hatte. Beide Interpretinnen verstanden es, das Bunte in Schuberts Musik zu transportieren. Bestens aufeinander eingespielt, gaben sie die musikalischen Dialoge zwischen beiden Instrumenten auf lebendige und spannende Weise wieder.
Der zweite Satz bildet mit seiner Energie einen Kontrast zum melncholischen ersten. Am Anfang ist er allerdings nicht darauf ausgelegt, gewaltig zu sein. Die Interpretinnen beherzigten das und ließen viel Platz für die Steigerungen, die der Satz im späteren Verlauf noch zu bieten hatte. Als die Zeit gekommen war, gingen sie allerdings bis zum Äußersten.
Wie Schubert die Grenzen damaliger musikalischer Formen auslotet, loteten die beiden Interpretinnen die Grenzen ihrer Instrumente aus. Lee brachte ihre Geige zum Weinen, zum Lachen, zum Flüstern und zum Schreien. Urabe tat es ihr an ihrem Instrument gleich. Immer wieder ließ sie das Klavier orchestral klingen - oder eben ganz sanft. Je weiter die Komposition voranschreitet, desto mehr blickt Schubert in Richtung Spätromantik. Und desto weiter lässt er eingängige Strukturen hinter sich. Das Werk wächst sich immer mehr zu einer emotionalen Achterbahnfahrt aus, die alles andere als gefällig ist. Dankenswerterweise machten die Musikerinnen nicht einmal den Versuch, die wilde Musik zu glätten, sondern stellten sie mit allen ihren Ecken und Kanten dar.
Mit der Sonate in A-Dur FWV 8 von César Franck ging es nach der Pause weiter. Der Beginn des ersten Satzes ist sehr typisch für den Komponisten und hatte so etwas Schwebendes. Wo es passte, ließen die Interpretinnen die Musik sehr groß klingen, ohne dass das dem schwebenden Charakter einen Abbruch getan hätte. Die leiseren Teile klangen sehr luftig, die Entspanntheit dieser Passagen war geradezu ansteckend.
Der zweite Satz hatte jede Menge Spannung und wurde immer wieder hoch explosiv. Ebenso gelangen den Interpretinnen die Passagen, in denen die Spannung für eine Weile verschwindet. Wenn die Musik fast erstarrte, spielten beide Musikerinnen so, dass es leiser wohl nicht mehr gegangen wäre. Will heißen: Sie gingen sowohl im Forte als auch im Piano an die Grenzen, wenn es passte. Im dritten Satz zeigte sich in einem besonders kraftvollen Moment einmal mehr, wie viel Emotion Christel Lee mit wenigen, sehr intensiven Noten transportieren kann - und wa sie mit Yumiko Urabe für eine kongeniale Partnerin hatte. Am Ende des vierten und letzten Satzes setzten die beiden Musikerinnen in Sachen Energie noch einen drauf.
Mit Notturno und Tarantella op. 28 von Karol Szymanowski ging es ins 20. Jahrhundert. Die Komposition beginnt sehr düster - , etwas, das die Musikerinnen voll und ganz ausschöpften. Mehr und mehr schaukelte sich das Notturno auf - bis es zum Inferno wurde. Bei der extrem energetischen und kraftvollen Tarantella gingen die beiden endgültig an die Grenzen ihrer Instrumente - und wieder machte sich ihre Fähigkeit bezahlt, eine enorme Spannung aufzubauen. Mit dem ersten von Antonin Dvoráks romantischen Stücken als Zugabe spielten die beiden Musikerinnen etwas Wunderbares zum Träumen.
Ein Werk für Violine solo war der packende Beginn des Konzerts: die Chaconne aus Johann Sebastians Bachs zweiter Partita in d-Moll, BWV 1004. Christel Lees Interpretation begann sehr expressiv, es folgte ein sehr melancholischer Abschnitt. Ihr Ton war jederzeit sehr singend, sehr hell und dabei immer rund. Auf höchst ansprechende Weise verband sie Klarheit und Wärme. Klarheit hatte nicht nur ihre Tongebung, sondern auch ihre Art, Strukturen einer Komposition abzubilden. Ihr Sinn für Spannungsbögen - auch für sehr lange - war großartig und trug sehr zur Intensität ihrer Interpretation bei. Eigentlich wäre es schön gewesen, die gesamte Partita in einer solchen Interpretation zu hören
Die Phantasie in C-Dur, D 934 für Violine und Klavier von Franz Schubert macht es weder Hörern noch Interpreten ganz leicht. Das Werk stamm aus dem Jahre 1827, gehört also zur Spätphase von Schuberts Schaffen. Der Komponist experimentiert hier stark mit Ausdrucksformen und nimmt spätere Jahrzehnte seines Jahrhunderts vorweg.
Der Beginn der Komposition ist allerdings erst einmal eingängig und recht gefällig. Yumiko Urabe begann mit einem dunklen, niemals zu fetten Klang, Christel Lee ließ ihre Geige einmal mehr singen. Im ersten Satz liegen häufig Geigen-Melodien mit langen Noten über perlenden und sehr bunten Klavierläufen. Die Geigerin ließ bei solchen sehr langen Noten das Vibrato ganz langsam anlaufen, was eine starke Wirkung hatte. Beide Interpretinnen verstanden es, das Bunte in Schuberts Musik zu transportieren. Bestens aufeinander eingespielt, gaben sie die musikalischen Dialoge zwischen beiden Instrumenten auf lebendige und spannende Weise wieder.
Der zweite Satz bildet mit seiner Energie einen Kontrast zum melncholischen ersten. Am Anfang ist er allerdings nicht darauf ausgelegt, gewaltig zu sein. Die Interpretinnen beherzigten das und ließen viel Platz für die Steigerungen, die der Satz im späteren Verlauf noch zu bieten hatte. Als die Zeit gekommen war, gingen sie allerdings bis zum Äußersten.
Wie Schubert die Grenzen damaliger musikalischer Formen auslotet, loteten die beiden Interpretinnen die Grenzen ihrer Instrumente aus. Lee brachte ihre Geige zum Weinen, zum Lachen, zum Flüstern und zum Schreien. Urabe tat es ihr an ihrem Instrument gleich. Immer wieder ließ sie das Klavier orchestral klingen - oder eben ganz sanft. Je weiter die Komposition voranschreitet, desto mehr blickt Schubert in Richtung Spätromantik. Und desto weiter lässt er eingängige Strukturen hinter sich. Das Werk wächst sich immer mehr zu einer emotionalen Achterbahnfahrt aus, die alles andere als gefällig ist. Dankenswerterweise machten die Musikerinnen nicht einmal den Versuch, die wilde Musik zu glätten, sondern stellten sie mit allen ihren Ecken und Kanten dar.
Mit der Sonate in A-Dur FWV 8 von César Franck ging es nach der Pause weiter. Der Beginn des ersten Satzes ist sehr typisch für den Komponisten und hatte so etwas Schwebendes. Wo es passte, ließen die Interpretinnen die Musik sehr groß klingen, ohne dass das dem schwebenden Charakter einen Abbruch getan hätte. Die leiseren Teile klangen sehr luftig, die Entspanntheit dieser Passagen war geradezu ansteckend.
Der zweite Satz hatte jede Menge Spannung und wurde immer wieder hoch explosiv. Ebenso gelangen den Interpretinnen die Passagen, in denen die Spannung für eine Weile verschwindet. Wenn die Musik fast erstarrte, spielten beide Musikerinnen so, dass es leiser wohl nicht mehr gegangen wäre. Will heißen: Sie gingen sowohl im Forte als auch im Piano an die Grenzen, wenn es passte. Im dritten Satz zeigte sich in einem besonders kraftvollen Moment einmal mehr, wie viel Emotion Christel Lee mit wenigen, sehr intensiven Noten transportieren kann - und wa sie mit Yumiko Urabe für eine kongeniale Partnerin hatte. Am Ende des vierten und letzten Satzes setzten die beiden Musikerinnen in Sachen Energie noch einen drauf.
Mit Notturno und Tarantella op. 28 von Karol Szymanowski ging es ins 20. Jahrhundert. Die Komposition beginnt sehr düster - , etwas, das die Musikerinnen voll und ganz ausschöpften. Mehr und mehr schaukelte sich das Notturno auf - bis es zum Inferno wurde. Bei der extrem energetischen und kraftvollen Tarantella gingen die beiden endgültig an die Grenzen ihrer Instrumente - und wieder machte sich ihre Fähigkeit bezahlt, eine enorme Spannung aufzubauen. Mit dem ersten von Antonin Dvoráks romantischen Stücken als Zugabe spielten die beiden Musikerinnen etwas Wunderbares zum Träumen.
Foto: Martin G.Günkel
Emotionale Intensität und Eleganz
Alsfeld Musik Art: Cecilia String Quartet begeistert in der Konzertreihe
Oberhessische Zeitung, 25. März 14
Martin G. Günkel
Martin G. Günkel
Alsfeld. Nicht oft gehen emotionale Intensität und Eleganz in der so genannten klassischen Musik so Hand in Hand wie beim Cecilia String Quartet. Im Rahmen der Jubiläumssaison von Alsfeld Musik Art gastierten die vier kanadischen Musikerinnen in der Aula der Alsfelder Albert-Schweitzer-Schule – und werden hoffentlich irgendwann wieder auf dem Programm der Konzertreihe stehen.
Die Mitglieder des Quartetts sind Min-Jeong Koh (erste Violine), Sarah Nematallah (zweite Violine), Caitlin Boyle (Viola) und Rachel Desoer (Violoncello). Nachdem zum Saisonauftakt bereits das Dudok Kwartet für eines der besten Konzerte in der Reihe gesorgt hatte, war dies in dieser Spielzeit das zweite Streichquartett, das verstanden hatte, dass diese Besetzung offenkundig als Symphonieorchester für das Wohnzimmer gedacht ist. Die Interpretinnen schöpften das gesamte dynamische und klangfarbliche Potenzial dieser Kombination aus – und das mit einem sagenhaften Sinn für Spannungsdramaturgie im Detail wie im Gesamtverlauf.
Ludwig van Beethovens Streichquartett in c-moll op. 18, Nr. 4 war der packende Beginn des Programms. Die Musikerinnen spielten extrem flüssig, wobei sie dies zielsicher als Ausdrucksmittel für die Spannungen in der Musik nutzten. Mit Lautstärke hielten sie sich vergleichsweise zurück, was spannungsreiche Passagen noch spannungsreicher machte. Umso explosiver wirkte es, wenn sich die Spannungen in lauten Passagen entluden. In solchen Momenten ließ das Ensemble seine Instrumente wunderbar rauh klingen. Momente der Entspannung waren ebenso ein Erlebnis wie alles Spektakuläre.
Das Streichquartett Nr. 1 („Die Kreutzersonate“) von Leos Janácek aus dem Jahr 1923 bot komplett andere Klangwelten. Im ersten Satz herrschte eine tief bedrückte Stimmung, die zwischen Melancholie und Entsetzen pendelte. Innerhalb dieses Satzes wechselt das Tempo von Adagio (langsam) zu Con moto (mit Bewegung). Die extreme Bedrückung verschwand in diesem Moment. Es wurde aber auch nicht gerade fröhlich, sondern nun beherrschten äußerst ambivalente Stimmungen die Musik. Das vollzogen die Musikerinnen mit einer ungeheuren Intensität nach.Diese Ambivalenz prägte den weiteren Verlauf der Komposition.
Nach der Pause spielte das Cecilia String Quartet das Streichquartett in D-Dur op. 11 von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Der erste Satz begann mit einem vollen und markigen, aber niemals harten Klang. Der passte zur schwärmerischen Stimmung der Musik. Manchmal kommt ein Hauch von Aggression hinein, der aber auch wieder verschwand. Diese Ambivalenz prägte den weiteren Verlauf der Komposition.
Die Sanftheit des zweiten Satzes war sehr berührend. Insbesondere die Momente mit dezent begleiteter Sologeige waren höchst warmherzig. Der dritte Satz ist wiederum energetisch. Die Interpretinnen spielten ihn mit einem weitgehend sehr hellen und knackigen Klang – und legten einmal mehr eine grandiose (wellenförmige) Steigerung über den gesamten Satz hinweg hin. In diesem Kontext waren kleine Pausen mindestens so spannungsgeladen wie alles andere.
Sehr positiv war die Stimmung des letzten Satzes, der von einem Wechselspiel zwischen Entspanntheit und Ausgelassenheit lebt. Zwischendurch kommt dann doch Dramatik hinein, die aber wieder ins Positive umschlägt – und das mit äußerst kraftvollen Klängen. Auch die Zugabe war außergewöhnlich: die dritte der Zypressen für Streichquartett von Antonín Dvorák. Die gebrochenen Pizzicato-Akkorde auf dem Cello klangen hier wie Harfenklänge.
Erwähnenswert ist auch die Sitzordnung, die das Quartett gewählt hatte: erste Geige, zweite Geige, Cello, Bratsche (von links). Das ist die Sitzordnung, die auf einem Gemälde von Joseph Haydns eigenem Streichquartett-Ensemble zu sehen ist. Eine andere, die sich auf alten Bildern findet, entspricht der alten Orchester-Sitzordnung: erste Geige, Cello, Bratsche, zweite Geige.
In beiden Fällen ist das Cello – also das Instrument mit dem klanglichen Fundament – mehr in der Mitte. Die Sitzordnung mit dem Cello rechts außen verbreitete sich Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts – zu Zeiten der anfangs schlechten Aufnahmetechnik in den Plattenstudios. Auf Mono-Aufnahmen störte sie auch nicht besonders, doch in Konzertsälen klingt sie im Vergleich zu den älteren (eben für Stereo-Hören gedachten) Sitzordnungen nicht besonders gut. Umso erfreulicher ist es, dass insbesondere junge Ensembles wie das Cecilia String Quartet die alten Sitzordnungen wiederentdecken.
Die Mitglieder des Quartetts sind Min-Jeong Koh (erste Violine), Sarah Nematallah (zweite Violine), Caitlin Boyle (Viola) und Rachel Desoer (Violoncello). Nachdem zum Saisonauftakt bereits das Dudok Kwartet für eines der besten Konzerte in der Reihe gesorgt hatte, war dies in dieser Spielzeit das zweite Streichquartett, das verstanden hatte, dass diese Besetzung offenkundig als Symphonieorchester für das Wohnzimmer gedacht ist. Die Interpretinnen schöpften das gesamte dynamische und klangfarbliche Potenzial dieser Kombination aus – und das mit einem sagenhaften Sinn für Spannungsdramaturgie im Detail wie im Gesamtverlauf.
Ludwig van Beethovens Streichquartett in c-moll op. 18, Nr. 4 war der packende Beginn des Programms. Die Musikerinnen spielten extrem flüssig, wobei sie dies zielsicher als Ausdrucksmittel für die Spannungen in der Musik nutzten. Mit Lautstärke hielten sie sich vergleichsweise zurück, was spannungsreiche Passagen noch spannungsreicher machte. Umso explosiver wirkte es, wenn sich die Spannungen in lauten Passagen entluden. In solchen Momenten ließ das Ensemble seine Instrumente wunderbar rauh klingen. Momente der Entspannung waren ebenso ein Erlebnis wie alles Spektakuläre.
Das Streichquartett Nr. 1 („Die Kreutzersonate“) von Leos Janácek aus dem Jahr 1923 bot komplett andere Klangwelten. Im ersten Satz herrschte eine tief bedrückte Stimmung, die zwischen Melancholie und Entsetzen pendelte. Innerhalb dieses Satzes wechselt das Tempo von Adagio (langsam) zu Con moto (mit Bewegung). Die extreme Bedrückung verschwand in diesem Moment. Es wurde aber auch nicht gerade fröhlich, sondern nun beherrschten äußerst ambivalente Stimmungen die Musik. Das vollzogen die Musikerinnen mit einer ungeheuren Intensität nach.Diese Ambivalenz prägte den weiteren Verlauf der Komposition.
Nach der Pause spielte das Cecilia String Quartet das Streichquartett in D-Dur op. 11 von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Der erste Satz begann mit einem vollen und markigen, aber niemals harten Klang. Der passte zur schwärmerischen Stimmung der Musik. Manchmal kommt ein Hauch von Aggression hinein, der aber auch wieder verschwand. Diese Ambivalenz prägte den weiteren Verlauf der Komposition.
Die Sanftheit des zweiten Satzes war sehr berührend. Insbesondere die Momente mit dezent begleiteter Sologeige waren höchst warmherzig. Der dritte Satz ist wiederum energetisch. Die Interpretinnen spielten ihn mit einem weitgehend sehr hellen und knackigen Klang – und legten einmal mehr eine grandiose (wellenförmige) Steigerung über den gesamten Satz hinweg hin. In diesem Kontext waren kleine Pausen mindestens so spannungsgeladen wie alles andere.
Sehr positiv war die Stimmung des letzten Satzes, der von einem Wechselspiel zwischen Entspanntheit und Ausgelassenheit lebt. Zwischendurch kommt dann doch Dramatik hinein, die aber wieder ins Positive umschlägt – und das mit äußerst kraftvollen Klängen. Auch die Zugabe war außergewöhnlich: die dritte der Zypressen für Streichquartett von Antonín Dvorák. Die gebrochenen Pizzicato-Akkorde auf dem Cello klangen hier wie Harfenklänge.
Erwähnenswert ist auch die Sitzordnung, die das Quartett gewählt hatte: erste Geige, zweite Geige, Cello, Bratsche (von links). Das ist die Sitzordnung, die auf einem Gemälde von Joseph Haydns eigenem Streichquartett-Ensemble zu sehen ist. Eine andere, die sich auf alten Bildern findet, entspricht der alten Orchester-Sitzordnung: erste Geige, Cello, Bratsche, zweite Geige.
In beiden Fällen ist das Cello – also das Instrument mit dem klanglichen Fundament – mehr in der Mitte. Die Sitzordnung mit dem Cello rechts außen verbreitete sich Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts – zu Zeiten der anfangs schlechten Aufnahmetechnik in den Plattenstudios. Auf Mono-Aufnahmen störte sie auch nicht besonders, doch in Konzertsälen klingt sie im Vergleich zu den älteren (eben für Stereo-Hören gedachten) Sitzordnungen nicht besonders gut. Umso erfreulicher ist es, dass insbesondere junge Ensembles wie das Cecilia String Quartet die alten Sitzordnungen wiederentdecken.
Foto: Martin G. Günkel
Zwei legendäre Bands, die den Jazz nach Alsfeld gebracht haben
Alsfeld Musik Art: Große Jazz-Gala zum Musik Art-Jubiläum mit den Trevor Richards All Stars und der Barrelhouse Jazzband
Oberhessische Zeitung, 24. Februar 14
Martin G. Günkel
Martin G. Günkel
Alsfeld. Mit Trevor Richards und der Barrelhouse Jazzband haben Spitzenmusiker den Jazz in Alsfeld heimisch gemacht – Grund genug, um mit ihnen das 25-jährige Bestehen der bekannten Konzertreihe Alsfeld Musik Art zu feiern. Richards und seine All Stars begannen die New-Orleans-Jazz-Gala im Alsfelder Autohaus Roth, es folgte ein Set mit der Barrelhouse Jazzband. Im dritten Teil traten Musiker beider Bands in verschiedenen Zusammensetzungen auf.
Der Schlagzeuger Trevor Richards hatte einmal mehr eine außergewöhnliche Band zusammengestellt. Frank Roberscheuten spielte Klarinette sowie Alt- und Tenorsaxophon. Außerdem war Olivier Franc nach Alsfeld gekommen und mit ihm das Sopransaxophon Sidney Bechets. Für das harmonische Fundament sorgte der Stride-Pianist Jan Luley.
Olivier Franc verband auf seine charakteristische Weise Derbheit mit unwiderstehlicher Eleganz. Häufig spielte er ungewöhnlich kräftig und mit höchst intensivem Vibrato, was einen jaulenden Blues-Ton ergab. Frank Roberscheuten wählte zumeist einen lockereren Ton, aber auch er steigerte sich gerne in intensive, weinende Klänge hinein.
Das Zusammenwirken beider Bläser hatte unzählige Facetten, war höchst wirkungsvoll und ideenreich. So spielte Roberscheuten am Ende seines Solos im Stück „The World Famous Alsfeld Boogie“ auf seinem Altsaxophon in höchsten Lagen und mit lang gehaltenen Noten. Franc setzte daraufhin mit seinem Sopransaxophon deutlich tiefer und mit deutlich weicheren Klängen an.
Auch Jan Luley verband Rauheit mit Eleganz. Sein flüssiges Spiel hatte einen kräftigen Ton, der trotzdem immer so eine gewisse Lockerheit an sich hatte.
An Schlagzeugern wie Trevor Richards wird besonders deutlich, wie entscheidend der richtige Herzschlag für eine Jazzband ist. Wie immer spielte Richards niemals zu hart, so dass sein Instrument zum einen fein schwingen konnte und zum anderen Raum für dynamische Steigerungen bot. Eine besonders schöne Steigerung beinhaltete besagter Boogie, bei dem Richards zunächst mit knackig gespielten Besen anfing. Im furiosen Schlussteil dieses Stücks, das zu den Höhepunkten des Konzerts gehörte, wechselte er zu Stöcken.
Während die Trevor Richards All Stars mit klassischen swingenden Rhythmen spielten, gestaltete die Barrelhouse Jazzband ihr Set fast ausschließlich mit kreolischen und karibischen Rhythmen. Die Bläsergruppe trat in der bewährten Besetzung auf mit Reimer von Essen (Klarinette, Altsaxophon, Leitung), Horst Schwarz (Trompete, Posaune, Komposition) und Frank Selten (Klarinette, Saxophone in allen Lagen). Harmonisches Fundament am Klavier steuert Christof Sänger bei. Gitarre sowie sechssaitiges und Tenorbanjo werden seit Jahren von Roman Klöcker gespielt. Schlagzeuger ist Michael Ehret, nach Jahren Pause zurück am Kontrabass ist Lindy Huppersberg (von ihrem Lehrer Ray Brown „Lady Bass“ genannt). Die Barrelhouse Jazzband variiert bewusst die Parameter des traditionellen Jazz. So greift sie zum einen auf ganz frühe Elemente wie die kreolischen Rhythmen zurück, zum anderen bereitet sie sie mit jüngeren Elementen auf. Zu diesen Elementen gehören Kompositionen von Bandmitglied Horst Schwarz und auch die elektrische Archtopgitarre Roman Klöckers – ein Instrument, wie es erst um 1940 durch das Benny Goodman Sextet und Charlie Christian populär wurde.
Die kreolischen Rhythmen waren laut Reimer von Essen in New Orleans jahrzehntelang verschwunden und tauchen nun wieder auf, indem junge Musiker erneut auf Stilelemente aus der Karibik zurückgreifen. In diese Kerbe schlägt das Stück „Take Us To The Mardi Gras“ von Horst Schwarz, das eine Band aus New Orleans aufnahm, ehe die Barrelhouse Jazzband selbst einen Tonträger damit veröffentlichte (es ist auf dem Album „Creole Spirit“ zu hören). Diese verschiedenen Komponenten ergaben ein rundes Ganzes, das viel Stimmung im voll besetzten Autohaus verbreitete.
Es ist außergewöhnlich, zwei herausragende Jazzbands an einem Abend zu hören. Doch damit nicht genug: Im dritten Teil traten einzelner Musiker beider Bands in verschiedenen Zusammensetzungen auf. Lindy Huppertsberg war bei „You Are My Sunshine“ als Solistin zu erleben – nur zusammen mit Jan Luley am Klavier und Michael Ehret am Schlagzeug. Sie präsentierte dabei nicht nur den Bass als vollwertiges Solo- und Melodie-Instrument, sondern unterlegte Jan Luleys fettes Solo zusammen mit Ehret mit einem herrlichen, heißen Swing-Groove.
Beim „Royal Garden Blues“ bildete Huppertsberg mit Trevor Richards zusammen die Rhythmusgruppe – ein wunderbar lockeres Zusammenspiel, das hoffentlich noch öfter zu hören ist. Außerdem spielten hierbei Jan Luley, Olivier Franc, Reimer von Essen und Roman Klöcker. Herausragend war ein Klavier-Duo von Jan Luley und Christof Sänger mit Duke Ellingtons „Take the A-Train“. Die beiden wechselten sich zuerst ab, wobei sie diesen Wechsel jeweils bruchlos gestalteten. Im zweiten Schritt spielten sie vierhändig, wobei sie ebenso bruchlos die Positionen tauschten. Einmal fungierte die gesamte Barrelhouse Jazzband als Begleitband für Frank Roberscheuten beim Ellington-Klassiker „Caravan“. „Indiana“ war das Finale mit allen Musikern, bei dem es unter anderem eine Drum Battle mit beiden Schlagzeugern gab. Zweieinhalb Stunden Programm vergingen wie im Flug. Dieses Konzert dürfte sehr vielen Besuchern als Höhepunkt von Alsfeld Musik Art in Erinnerung bleiben.
Der Schlagzeuger Trevor Richards hatte einmal mehr eine außergewöhnliche Band zusammengestellt. Frank Roberscheuten spielte Klarinette sowie Alt- und Tenorsaxophon. Außerdem war Olivier Franc nach Alsfeld gekommen und mit ihm das Sopransaxophon Sidney Bechets. Für das harmonische Fundament sorgte der Stride-Pianist Jan Luley.
Olivier Franc verband auf seine charakteristische Weise Derbheit mit unwiderstehlicher Eleganz. Häufig spielte er ungewöhnlich kräftig und mit höchst intensivem Vibrato, was einen jaulenden Blues-Ton ergab. Frank Roberscheuten wählte zumeist einen lockereren Ton, aber auch er steigerte sich gerne in intensive, weinende Klänge hinein.
Das Zusammenwirken beider Bläser hatte unzählige Facetten, war höchst wirkungsvoll und ideenreich. So spielte Roberscheuten am Ende seines Solos im Stück „The World Famous Alsfeld Boogie“ auf seinem Altsaxophon in höchsten Lagen und mit lang gehaltenen Noten. Franc setzte daraufhin mit seinem Sopransaxophon deutlich tiefer und mit deutlich weicheren Klängen an.
Auch Jan Luley verband Rauheit mit Eleganz. Sein flüssiges Spiel hatte einen kräftigen Ton, der trotzdem immer so eine gewisse Lockerheit an sich hatte.
An Schlagzeugern wie Trevor Richards wird besonders deutlich, wie entscheidend der richtige Herzschlag für eine Jazzband ist. Wie immer spielte Richards niemals zu hart, so dass sein Instrument zum einen fein schwingen konnte und zum anderen Raum für dynamische Steigerungen bot. Eine besonders schöne Steigerung beinhaltete besagter Boogie, bei dem Richards zunächst mit knackig gespielten Besen anfing. Im furiosen Schlussteil dieses Stücks, das zu den Höhepunkten des Konzerts gehörte, wechselte er zu Stöcken.
Während die Trevor Richards All Stars mit klassischen swingenden Rhythmen spielten, gestaltete die Barrelhouse Jazzband ihr Set fast ausschließlich mit kreolischen und karibischen Rhythmen. Die Bläsergruppe trat in der bewährten Besetzung auf mit Reimer von Essen (Klarinette, Altsaxophon, Leitung), Horst Schwarz (Trompete, Posaune, Komposition) und Frank Selten (Klarinette, Saxophone in allen Lagen). Harmonisches Fundament am Klavier steuert Christof Sänger bei. Gitarre sowie sechssaitiges und Tenorbanjo werden seit Jahren von Roman Klöcker gespielt. Schlagzeuger ist Michael Ehret, nach Jahren Pause zurück am Kontrabass ist Lindy Huppersberg (von ihrem Lehrer Ray Brown „Lady Bass“ genannt). Die Barrelhouse Jazzband variiert bewusst die Parameter des traditionellen Jazz. So greift sie zum einen auf ganz frühe Elemente wie die kreolischen Rhythmen zurück, zum anderen bereitet sie sie mit jüngeren Elementen auf. Zu diesen Elementen gehören Kompositionen von Bandmitglied Horst Schwarz und auch die elektrische Archtopgitarre Roman Klöckers – ein Instrument, wie es erst um 1940 durch das Benny Goodman Sextet und Charlie Christian populär wurde.
Die kreolischen Rhythmen waren laut Reimer von Essen in New Orleans jahrzehntelang verschwunden und tauchen nun wieder auf, indem junge Musiker erneut auf Stilelemente aus der Karibik zurückgreifen. In diese Kerbe schlägt das Stück „Take Us To The Mardi Gras“ von Horst Schwarz, das eine Band aus New Orleans aufnahm, ehe die Barrelhouse Jazzband selbst einen Tonträger damit veröffentlichte (es ist auf dem Album „Creole Spirit“ zu hören). Diese verschiedenen Komponenten ergaben ein rundes Ganzes, das viel Stimmung im voll besetzten Autohaus verbreitete.
Es ist außergewöhnlich, zwei herausragende Jazzbands an einem Abend zu hören. Doch damit nicht genug: Im dritten Teil traten einzelner Musiker beider Bands in verschiedenen Zusammensetzungen auf. Lindy Huppertsberg war bei „You Are My Sunshine“ als Solistin zu erleben – nur zusammen mit Jan Luley am Klavier und Michael Ehret am Schlagzeug. Sie präsentierte dabei nicht nur den Bass als vollwertiges Solo- und Melodie-Instrument, sondern unterlegte Jan Luleys fettes Solo zusammen mit Ehret mit einem herrlichen, heißen Swing-Groove.
Beim „Royal Garden Blues“ bildete Huppertsberg mit Trevor Richards zusammen die Rhythmusgruppe – ein wunderbar lockeres Zusammenspiel, das hoffentlich noch öfter zu hören ist. Außerdem spielten hierbei Jan Luley, Olivier Franc, Reimer von Essen und Roman Klöcker. Herausragend war ein Klavier-Duo von Jan Luley und Christof Sänger mit Duke Ellingtons „Take the A-Train“. Die beiden wechselten sich zuerst ab, wobei sie diesen Wechsel jeweils bruchlos gestalteten. Im zweiten Schritt spielten sie vierhändig, wobei sie ebenso bruchlos die Positionen tauschten. Einmal fungierte die gesamte Barrelhouse Jazzband als Begleitband für Frank Roberscheuten beim Ellington-Klassiker „Caravan“. „Indiana“ war das Finale mit allen Musikern, bei dem es unter anderem eine Drum Battle mit beiden Schlagzeugern gab. Zweieinhalb Stunden Programm vergingen wie im Flug. Dieses Konzert dürfte sehr vielen Besuchern als Höhepunkt von Alsfeld Musik Art in Erinnerung bleiben.
Foto: Martin G.Günkel
Marathon-Programm mit 18 russischen Komponisten
Alexander und Viktor Urvalov gastieren bei Alsfeld Musik Art mit Klaviermusik aus Russland
Oberhessische Zeitung, 20. Februar 14
Martin G. Günkel
Martin G. Günkel
Alsfeld. Musik aus drei Jahrhunderten von 18 russischen Komponisten bildete ein wahres Marathon-Programm bei Alsfeld Musik Art in der voll besetzten Aula der Alsfelder Albert-Schweitzer-Schule. Die Pianisten Alexander und Viktor Urvalov machten daraus eine spannende musikalische Zeitreise.
Neben der Vielfalt der Kompositionen war es ein besonderes Erlebnis, Vater und Sohn am selben Instrument mit der jeweils ganz eigenen Spielweise zu erleben. Auf dem Programm standen bekannte Namen wie Pjotr Iljitsch Tschaikowsky, Modest Mussorgski, Sergej Rachmaninov und Igor Strawinsky. Weniger bekannt sind Komponisten wie Sofia Gubaidulina und Rodion Schtschedrin.
Die erste Hälfte des Konzerts gehörte ganz der Musik des 19. Jahrhunderts, während in der zweiten vor allem das 20. Jahrhundert vertreten war. Im Zugaben-Teil wurde zudem das 21. Jahrhundert berücksichtigt. Im ersten Teil wechselten sich Alexander und Viktor Urvalov permanent ab, wogegen im zweiten jeder einen großen Block hatte.
Alexander Urvalov spielte unter anderem das Nocturne „Trennung“ von Michail Glinka. Es ist von dieser bestimmten Art von Melancholie geprägt, der sich viele Menschen gerne und geradezu genussvoll hingeben. Sehr langsam ließ der Pianist daraus eine gewisse Leidenschaft erwachsen – und auf ebenso überzeugende Weise wieder abklingen.
Viktor Urvalov ließ eine Komposition folgen, die ebenfalls von diesem Emporkommen von Leidenschaft lebt, wenngleich der Ausgangspunkt nicht diese Melancholie ist: die Romanze op. 44,1 von Anton Rubinstein. Viktor inszenierte Steigerungen und Entspannungsmomente mit der gleichen Lebendigkeit und Nachvollziehbarkeit wie sein Vater.
Von Anfang an zeigten sich die Unterschiede zwischen beiden Pianisten. Alexander Urvalov hatte einen tendenziell helleren Ton, Viktor einen dunkleren. (Zwar hat eine einzelne Klaviertaste eine feststehende Klangfarbe für jede Lautstärke, doch wie die Stimmen untereinander in ihrer Lautstärke abgestimmt sind, macht gewaltige Unterschiede in der Tongebung von Pianisten aus.) Bei
beiden Musikern war der Ton meistens sehr markig, sie spielten aber auch ganz zart, wenn es die Komposition nahelegte. Viktor Urvalov tendierte auch bei einer humorvollen Komposition wie Tschaikowskys „Karneval“ aus den „Jahreszeiten“ op. 37a zu einem vergleichsweise dunklen Ton, gab ihm aber – passend zum Stück – etwas Durchdringendes. Gleichzeitig ließ er den Ton nie zu hart oder zu dick werden. Es gelang ihm, Lockerheit und Leichtigkeit mit einem Hauch von Derbheit zu verbinden.
Sehr treibend spielte Alexander Urvalov die bewegten Teile von Igor Strawinskys „Danse russe“ aus dem Ballett „Petruschka“. Es dauerte eine ganze Weile, bis das Stück das erste Mal ein wenig zur Ruhe kam – aber dann war dieses Zurücknehmen ein genauso wirkungsvoller Moment wie jede Steigerung des Konzerts.
„Waldmusikanten“ aus „Musical Toys“ von Sofia Gubaidulina entstand 1971. Es ist eine entrückt wirkende Musik mit einigen sehr scharfen Dissonanzen – wobei Viktor Urvalov auch mit dieser etwas schwerer verdaulichen Musik eine Geschichte zu erzählten wusste und dem Publikum die Komposition nahebrachte.
Die „Zwei polyphonen Stücke“ von Rodion Schtschedrin von 1961 sind deutlich eingängiger. Das zweite Stück, „Basso ostinato“ hat zwar viele skurrile Melodien sowie melodische Fetzen, doch die Bassfigur hält zumeist alles zusammen – eine Art der Struktur, die Viktor Urvalov mit sagenhafter Klarheit und starkem Ausdruck abbildete.
Viktor Urvalov spielte als Zugabe „Alla pizzicato“ von Schtschedrin, geschrieben 2005. Die zweite Zugabe spielten Alexander und Viktor Urvalov gemeinsam: eine vierhändige Klavierversion des „Säbeltanzes“ von Aram Chatschaturjan – ein feuriges Stück, dargeboten in feurigem Zusammenspiel. Ein Solostück mit Alexander Urvalov, das nicht auf dem Programmzettel stand, war bereits am Anfang des Konzerts zu hören gewesen: Mit „Albumblatt“ op. 45 von Alexander Skriabin gratulierte der Pianist der Vorsitzenden des Arbeitskreises Alsfeld Musik Art, Annette Thon. Sie übt ihr Amt seit 25 Jahren aus und war deshalb Gast beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten.
Neben der Vielfalt der Kompositionen war es ein besonderes Erlebnis, Vater und Sohn am selben Instrument mit der jeweils ganz eigenen Spielweise zu erleben. Auf dem Programm standen bekannte Namen wie Pjotr Iljitsch Tschaikowsky, Modest Mussorgski, Sergej Rachmaninov und Igor Strawinsky. Weniger bekannt sind Komponisten wie Sofia Gubaidulina und Rodion Schtschedrin.
Die erste Hälfte des Konzerts gehörte ganz der Musik des 19. Jahrhunderts, während in der zweiten vor allem das 20. Jahrhundert vertreten war. Im Zugaben-Teil wurde zudem das 21. Jahrhundert berücksichtigt. Im ersten Teil wechselten sich Alexander und Viktor Urvalov permanent ab, wogegen im zweiten jeder einen großen Block hatte.
Alexander Urvalov spielte unter anderem das Nocturne „Trennung“ von Michail Glinka. Es ist von dieser bestimmten Art von Melancholie geprägt, der sich viele Menschen gerne und geradezu genussvoll hingeben. Sehr langsam ließ der Pianist daraus eine gewisse Leidenschaft erwachsen – und auf ebenso überzeugende Weise wieder abklingen.
Viktor Urvalov ließ eine Komposition folgen, die ebenfalls von diesem Emporkommen von Leidenschaft lebt, wenngleich der Ausgangspunkt nicht diese Melancholie ist: die Romanze op. 44,1 von Anton Rubinstein. Viktor inszenierte Steigerungen und Entspannungsmomente mit der gleichen Lebendigkeit und Nachvollziehbarkeit wie sein Vater.
Von Anfang an zeigten sich die Unterschiede zwischen beiden Pianisten. Alexander Urvalov hatte einen tendenziell helleren Ton, Viktor einen dunkleren. (Zwar hat eine einzelne Klaviertaste eine feststehende Klangfarbe für jede Lautstärke, doch wie die Stimmen untereinander in ihrer Lautstärke abgestimmt sind, macht gewaltige Unterschiede in der Tongebung von Pianisten aus.) Bei
beiden Musikern war der Ton meistens sehr markig, sie spielten aber auch ganz zart, wenn es die Komposition nahelegte. Viktor Urvalov tendierte auch bei einer humorvollen Komposition wie Tschaikowskys „Karneval“ aus den „Jahreszeiten“ op. 37a zu einem vergleichsweise dunklen Ton, gab ihm aber – passend zum Stück – etwas Durchdringendes. Gleichzeitig ließ er den Ton nie zu hart oder zu dick werden. Es gelang ihm, Lockerheit und Leichtigkeit mit einem Hauch von Derbheit zu verbinden.
Sehr treibend spielte Alexander Urvalov die bewegten Teile von Igor Strawinskys „Danse russe“ aus dem Ballett „Petruschka“. Es dauerte eine ganze Weile, bis das Stück das erste Mal ein wenig zur Ruhe kam – aber dann war dieses Zurücknehmen ein genauso wirkungsvoller Moment wie jede Steigerung des Konzerts.
„Waldmusikanten“ aus „Musical Toys“ von Sofia Gubaidulina entstand 1971. Es ist eine entrückt wirkende Musik mit einigen sehr scharfen Dissonanzen – wobei Viktor Urvalov auch mit dieser etwas schwerer verdaulichen Musik eine Geschichte zu erzählten wusste und dem Publikum die Komposition nahebrachte.
Die „Zwei polyphonen Stücke“ von Rodion Schtschedrin von 1961 sind deutlich eingängiger. Das zweite Stück, „Basso ostinato“ hat zwar viele skurrile Melodien sowie melodische Fetzen, doch die Bassfigur hält zumeist alles zusammen – eine Art der Struktur, die Viktor Urvalov mit sagenhafter Klarheit und starkem Ausdruck abbildete.
Viktor Urvalov spielte als Zugabe „Alla pizzicato“ von Schtschedrin, geschrieben 2005. Die zweite Zugabe spielten Alexander und Viktor Urvalov gemeinsam: eine vierhändige Klavierversion des „Säbeltanzes“ von Aram Chatschaturjan – ein feuriges Stück, dargeboten in feurigem Zusammenspiel. Ein Solostück mit Alexander Urvalov, das nicht auf dem Programmzettel stand, war bereits am Anfang des Konzerts zu hören gewesen: Mit „Albumblatt“ op. 45 von Alexander Skriabin gratulierte der Pianist der Vorsitzenden des Arbeitskreises Alsfeld Musik Art, Annette Thon. Sie übt ihr Amt seit 25 Jahren aus und war deshalb Gast beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten.
Foto: Martin G.Günkel
Symphonieorchester für das Wohnzimmer
Musik Art: Dudok Kwartet eröffnete die 25. Saison der Konzertreihe
Oberhessische Zeitung, 4. November 13
Martin G. Günkel
Martin G. Günkel
Alsfeld. Ein Streichquartett – das sollten eigentlich nicht vier vernünftige Leute sein, wie es Johann Wolfgang von Goethes überstrapazierter Ausspruch nahelegt. Vielmehr ist es eine Art Symphonieorchester für das Wohnzimmer. Das Dudok Kwartet hat das verstanden. Mit einem packenden Konzert eröffneten die vier niederländischen Musiker in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule die Jubiläumssaison der Reihe Alsfeld Musik Art.
Das Dudok Kwartet besteht aus Judith van Driel (erste Violine), Marleen Wester (zweite Violine), Mark Mulder (Viola) und David Faber (Violoncello). Die erste Komposition des Abends war Joseph Haydns Streichquartett C-Dur – also einer der Prototypen der Gattung. Von Anfang an begeisterte das Dudok Kwartet mit seinem vollen Klang. Was die Musiker boten, war ein sehr agiler und kräftiger Haydn, ganz ohne den Zuckerguss, der Mainstream-Interpretationen oft so langweilig macht.
Ebenso lebendig wie die Melodie-Gestaltung war die Arbeit des Quartetts mit Dynamik. Die war sehr detailliert, wirkte höchst natürlich und zeugte von einem enormen Sinn für Gesamtdramaturgie. Der sehr markige Celloklang bildete die Basis, doch auch die anderen Instrumente boten bei Bedarf eine wunderbare Rauheit. In ganz leisen Momenten klang das Quartett sehr zart und weich, aber auch hier wurde die Musik niemals glatt.
Der zweite Satz war tief melancholisch, die Musiker spielten ihn zudem mit viel innerer Spannung. Hier machte sich die dynamische Bandbreite des Quartetts besonders bezahlt. Zudem wurde deutlich, wie gut die Musiker ihr Vibrato dosierten: Sie setzten es sehr flexibel ein und stets ohne Übertreibungen. Zwischendurch wurde der zweite Satz tänzerisch, wobei der Klang der Instrumente besonders erdig war.
Auch das Menuett ließen die Musiker sehr erdig klingen, was sich bestens mit der Ruhe der Musik vertrug. Bei der stimmungsvollen Ruhe dieses Satzes wurde die emotionale Dichte und Tiefe im Spiel des Ensembles ganz deutlich. Die Lockerheit des Finales verbanden die Musiker ebenfalls mit viel Tiefe.
Vollständig andere Klangwelten eröffnete das Streichquartett Nr. 10 As-Dur von Dmitri Schostakowitsch. Der erste Satz ist eine sehr entrückte Komposition, die die Musiker mit Dämpfern spielten. Hier zeigte sich, mit welcher Intensität und mit welchem Farbenreichtum sie Sphärisches spielen können. Der zweite Satz macht seiner Bezeichnung „Allegretto furioso“ alle Ehre. Es ist eine musikalische Hetzjagd mit Dissonanzen, melodischen Fetzen und wilden Rhythmen. Eine solche Komposition so zu spielen, dass sie etwas erzählt, ist nicht einfach – aber für das Dudok Kwartet überhaupt kein Problem.
Der dritte Satz ist ambivalent: Gegenüber dem Horror des zweiten wirkt er wie eine Erlösung; dennoch sind Schmerz, Bitterkeit und Angst darin und kommen immer wieder an die Oberfläche. Das Dudok Kwartet transportierte das mit allen denkbaren Nuancen. Dieser Feinsinn machte sich auch am Ende des Finales bezahlt: Der letzte Satz verklingt ganz ruhig, aber es bleibt ein Rest von Unbehagen.
Mit einer tiefen Melancholie begann das Streichquartett a-Moll von Franz Schubert. Diese Melancholie kam gerade dadurch gut zur Geltung, dass die Musiker die kleinen Ecken und Kanten der Komposition kein bisschen glätteten. Die ersten Ausbrüche der Musik waren gewaltig. Ein einziger großer Spannungsbogen hielt diese emotionale Achterbahnfahrt aus Schuberts Feder zusammen. Sagenhaft, wie die Musiker die dunklen Klangfarben des späteren Schubert herausarbeiteten.
Der zweite Satz ist weitestgehend entspannt, doch auch hier sind die Klänge recht dunkel gefärbt. Das Menuett war ein weiteres Beispiel dafür, dass das Dudok Kwartet sehr leise Musik mit der gleichen Intensität spielen kann wie Lauteres. Auch im Finale kam immer wieder eine gewisse Düsternis durch. Ebenso eindrucksvoll: der zweite Satz aus Pjotr Tschaikowskys drittem Streichquartett als Zugabe.
Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule hatte zu Beginn zum Jubiläum gratuliert. Alsfeld Musik Art habe „der Hochkultur in Alsfeld eine Heimat gegeben“ und sei ein kulturelles Aushängeschild der Stadt.
Das Dudok Kwartet besteht aus Judith van Driel (erste Violine), Marleen Wester (zweite Violine), Mark Mulder (Viola) und David Faber (Violoncello). Die erste Komposition des Abends war Joseph Haydns Streichquartett C-Dur – also einer der Prototypen der Gattung. Von Anfang an begeisterte das Dudok Kwartet mit seinem vollen Klang. Was die Musiker boten, war ein sehr agiler und kräftiger Haydn, ganz ohne den Zuckerguss, der Mainstream-Interpretationen oft so langweilig macht.
Ebenso lebendig wie die Melodie-Gestaltung war die Arbeit des Quartetts mit Dynamik. Die war sehr detailliert, wirkte höchst natürlich und zeugte von einem enormen Sinn für Gesamtdramaturgie. Der sehr markige Celloklang bildete die Basis, doch auch die anderen Instrumente boten bei Bedarf eine wunderbare Rauheit. In ganz leisen Momenten klang das Quartett sehr zart und weich, aber auch hier wurde die Musik niemals glatt.
Der zweite Satz war tief melancholisch, die Musiker spielten ihn zudem mit viel innerer Spannung. Hier machte sich die dynamische Bandbreite des Quartetts besonders bezahlt. Zudem wurde deutlich, wie gut die Musiker ihr Vibrato dosierten: Sie setzten es sehr flexibel ein und stets ohne Übertreibungen. Zwischendurch wurde der zweite Satz tänzerisch, wobei der Klang der Instrumente besonders erdig war.
Auch das Menuett ließen die Musiker sehr erdig klingen, was sich bestens mit der Ruhe der Musik vertrug. Bei der stimmungsvollen Ruhe dieses Satzes wurde die emotionale Dichte und Tiefe im Spiel des Ensembles ganz deutlich. Die Lockerheit des Finales verbanden die Musiker ebenfalls mit viel Tiefe.
Vollständig andere Klangwelten eröffnete das Streichquartett Nr. 10 As-Dur von Dmitri Schostakowitsch. Der erste Satz ist eine sehr entrückte Komposition, die die Musiker mit Dämpfern spielten. Hier zeigte sich, mit welcher Intensität und mit welchem Farbenreichtum sie Sphärisches spielen können. Der zweite Satz macht seiner Bezeichnung „Allegretto furioso“ alle Ehre. Es ist eine musikalische Hetzjagd mit Dissonanzen, melodischen Fetzen und wilden Rhythmen. Eine solche Komposition so zu spielen, dass sie etwas erzählt, ist nicht einfach – aber für das Dudok Kwartet überhaupt kein Problem.
Der dritte Satz ist ambivalent: Gegenüber dem Horror des zweiten wirkt er wie eine Erlösung; dennoch sind Schmerz, Bitterkeit und Angst darin und kommen immer wieder an die Oberfläche. Das Dudok Kwartet transportierte das mit allen denkbaren Nuancen. Dieser Feinsinn machte sich auch am Ende des Finales bezahlt: Der letzte Satz verklingt ganz ruhig, aber es bleibt ein Rest von Unbehagen.
Mit einer tiefen Melancholie begann das Streichquartett a-Moll von Franz Schubert. Diese Melancholie kam gerade dadurch gut zur Geltung, dass die Musiker die kleinen Ecken und Kanten der Komposition kein bisschen glätteten. Die ersten Ausbrüche der Musik waren gewaltig. Ein einziger großer Spannungsbogen hielt diese emotionale Achterbahnfahrt aus Schuberts Feder zusammen. Sagenhaft, wie die Musiker die dunklen Klangfarben des späteren Schubert herausarbeiteten.
Der zweite Satz ist weitestgehend entspannt, doch auch hier sind die Klänge recht dunkel gefärbt. Das Menuett war ein weiteres Beispiel dafür, dass das Dudok Kwartet sehr leise Musik mit der gleichen Intensität spielen kann wie Lauteres. Auch im Finale kam immer wieder eine gewisse Düsternis durch. Ebenso eindrucksvoll: der zweite Satz aus Pjotr Tschaikowskys drittem Streichquartett als Zugabe.
Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule hatte zu Beginn zum Jubiläum gratuliert. Alsfeld Musik Art habe „der Hochkultur in Alsfeld eine Heimat gegeben“ und sei ein kulturelles Aushängeschild der Stadt.