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Programm fabelhaft musizierter Sinfonik

Alsfeld Musik Art: Jubiläumskonzert in der Dreifaltigkeitskirche beendet 22. Konzertsaison

Alsfeld (ruh). Anlässlich seines 50 jährigen Jubiläums konzertierte das Alsfelder Kammerorchester in ungewohnt großer Besetzung unter der souveränen Leitung von Dr. Jörg M. Abel am Sonntagabend in der Dreifaltigkeitskirche in Alsfeld zum Abschluss der 22. Spielzeit von Alsfeld Musik Art.
Das gut zweistündige Konzertprogramm erfreute dabei mehr als 200 Gäste, denen anhand der unterschiedlich gewählten Komponisten gut 150 Jahre Musiktradition nahegebracht wurde. Neben musikalisch reich ausgestalteten, orchestralen Beiträgen bildeten auch Ehrungen der ehemaligen Orchesterdirigenten einen wichtigen Bestandteil der frühabendlichen Veranstaltung.
Auch das letzte Saisonkonzert von Alsfeld Musik Art bot den interessierten Zuhörern in der Kirche ein hochkarätiges Programm von fabelhaft musizierter Sinfonik und fein abgestimmter Kammermusik. Mal in großer Besetzung unter Beteiligung aller Kräfte, mal in ausgefallener Kombination von nur wenigen Bläsern oder mit Soloinstrument im Vordergrund, zeigte sich das Kammerorchester von seiner besten Seite. Mit meist heimischen Künstlern besetzt, demonstrierte es wieder einmal seine vielfältigen Fähigkeiten und das ihm innewohnende Potenzial. Zu den Ausführenden zählten auch viele Schüler der Alsfelder Musikschule, die sich mit ihrem mitreißenden Engagement hörbar an der Arbeit der Kulturgemeinde beteiligten.
Den Auftakt des Konzerts bildete die 16. Sinfonie in G-Dur Carles Baguers, der das Werk im Jahre 1790 vollendete. Allein schon die deutlich hörbare Verwandtschaft zu Kompositionen Haydns oder Mozarts machte deutlich, dass dieses festlich wirkende Stück der Epoche der Klassik zuzurechnen ist. Der katalanische Sinfoniker legte sein Oeuvre als viersätzige Komposition an, die mit ihrer fast höfisch geordneten Melodik das lauschende Publikum begeisterte. Auch die normalerweise nicht zum Kammerorchester gehörigen Hörner machten schon in diesem ersten Beitrag durch ruppige, bestimmte Einwürfe auf sich aufmerksam. Ihre Präsenz fiel im zweiten Satz, einem „Adagio a solo y con sordina“, zugunsten der Klarinette ab, die nun durch ihre faszinierende Leichtigkeit ausstrahlenden Melodieläufe die Akustik beherrschte.
Dr. Abel, der in gewohnt sicherer und akkurater Manier den Taktstock schwang, fühlte alle zu Gehör gebrachten Passagen sichtbar nach und strahlte durch sein eindrucksvolles Dirigat Souveränität und Leidenschaft aus. Die punktgenauen Einsätze, die er immer wieder trotz wildester Tempi veranlasste, nahmen die Musiker an und fügten sich klangschön seinen klanglichen Vorstellungen.
Fortgesetzt wurde das Konzert mit einem Werk aus der Feder des 21- jährigen Beethoven, das in gewohnt klassischer Manier und leichter, kapriziöser Beschwingtheit gefiel. Das reine Bläseroktett, bestehend aus je zwei Vertretern der Instrumente Horn, Fagott, Klarinette und Oboe, nutzte den guten Klang der Örtlichkeit aus und erschuf so eine Vielzahl verschiedenster Stimmungen, die alle genügend Raum fanden in der recht kurzen Komposition. Auch in dieser kleinen Besetzung ergaben sich immer neue, klangschön miteinander musizierende, aber auch launisch miteinander wetteifernde Kombinationen, die spritzig und belebend wirkten. Ohne Dirigent gelang es so den Musikern, die Eleganz des hochklassischen Werkes deutlich zu machen, was das Auditorium auch durch reichen Beifall zu honorieren verstand. Arthur Seelbach, Vorsitzender der Alsfelder Kulturgemeinde, ließ in seiner Ansprache mit informativen Details und namentlicher Nennung verdienter Persönlichkeiten die Geschichte des Kammerorchesters noch einmal aufleben. Die Erste Beigeordnete Ingeborg Beckmann-Launer überreichte einen Umschlag zur Unterstützung der Arbeit des Kammerorchesters. Seelbach schilderte daraufhin die bewegte Geschichte des Orchesters, welches seit seiner Gründung 1961 durch Helmut Köhler mehr als 130 Konzerte bestritten habe, darunter sowohl Darbietungen berühmter Oratorien und Messen als auch verschiedenste Uraufführungen und Premieren. Den insgesamt vier Dirigenten des Orchesters Jörg Abel, Wladimir Pletner, Thomas Walter und dem heute 85 jährigen Helmut Köhler, übereichte Anette Ton als Dank für ihre Verdienste eine Einladung für eine Konzertreise nach Fulda.
Fortgesetzt wurde der spannende Abend mit einer Komposition Gabriel Faurés „Masques et bergamasques“ aus dem Jahre 1919. Eine ausladende Ouvertüre zu Beginn, ein säumig schwingendes, leicht verträumtes Menuett darauf, gefolgt von einer donnernden Gavotte und beschlossen mit einer ruhigen, empathischen Pastorale bildeten den Grundstock des Werkes.
Nach der traditionellen Pause, die zum Umbau der Bühnenaufstellung genutzt wurde, folgte ein spätromantischer Beitrag, in dem die Alsfelderin Nanda Laube als facettenreiche Cellosolistin brillierte. Die vom Tonschöpfer selbst „Kol Nidrei“ genannte Komposition stellte ein „Adagio nach hebräischen Melodien für Violoncello, Harfe und Orchester“ dar. Nach getragenen, elegischen Akkorden zu Anfang ließ die junge Abiturientin in gekonnt-gefühlvoller Weise ihren Bogen oszillierend über die Saiten ihres Instrumentes schnellen und erhob ihre wehklagende Melodie über die zarte Klangwolke, die sich um sie herum bildete. Das ebenfalls nur kurze, aber dafür umso gefühlintensivere Werk, verfehlte seine Wirkung keineswegs und riss die Konzertbesucher förmlich mit sich.
Bevor das Schlussstück, Schuberts achte Sinfonie, auch die „Unvollendete“ genannt, schließlich erklang, teilte Abel den Anwesenden das bedauerliche Ausscheiden Nanda Laubes aus dem Orchester mit, das auf Grund des beginnenden Studiums unausweichlich sei. Ebenso tat der promovierte Schulmusiker kund, dass auch er das Amt als Dirigent in Zukunft leider niederlegen müsse. Er sehe daher den Spitznamen des nun folgenden Abschlusswerkes auch als Situationsbeschreibung des Alsfelder Kulturlebens und daher umso passender, vom Orchester nun selbst angestimmt zu werden.
Schuberts Sinfonie stellte noch einmal einen Höhepunkt des Abends dar. Auch die Bläser, hier wieder mit dramatischen Momenten bedacht, meisterten diese konzertante Herausforderung mit beeindruckender Bravour. Auch die Celli, die im ersten von den beiden Sätzen die Hauptmelodie führten, setzten sich in transparenter Weise vom Rest des Orchesters ab. So virtuos und auch vital gestaltet erzeigte sich dieser letzte Punkt des Abends als würdiger Abschluss der diesjährigen 22. Saison. Mit langanhaltendem Applaus wurde das Kammerorchester in die Konzertpause verabschiedet und allen Mitwirkenden für ihre beträchtlichen Leistungen und auch ihr Bemühen reichlich gedankt.




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Reichtum kompositorischer Stilmittel verschiedener Epochen

Alsfeld Musik Art: Peter Hörr und Paul Rivinius begeisterten in der Schillerschulen-Aula

Alsfeld (ruh). Zweifelssohne ein Höhepunkt der diesjährigen Konzertreihe von „Alsfeld Musik Art“ stellte das am vergangenen Samstag stattgefundene sechste Saisonkonzert mit den hochkarätigen Künstlern Peter Hörr (Violoncello) und Paul Rivinius (Klavier) dar. Hörr, der an diesem Abend den plötzlich erkrankten Julian Steckel vertrat, rettete somit nicht nur das Konzert, sondern bot dem Publikum auch ein musikalisches Niveau, das weithin seinesgleichen sucht. Die Darbietung wurde trotz kleiner interner Programmänderungen fast planmäßig durchgeführt und vom Hessischen Rundfunk aufgezeichnet.
Peter Hörr ist einer der vielseitigsten Cellisten und Dirigenten seiner Generation. Im Jahr 2010 wählte die Jury den bereits mit 23 Jahren zum Musikprofessor Berufenen zum Sieger in der Kategorie Cello. Aktuell nimmt er einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik und Theater „Felix-Mendelssohn-Bartholdy Leipzig“ wahr.
Der Pianist Paul Rivinius steht seinem Partner jedoch in Ausbildung und internationalem Prestige in nichts nach: Auch er kann bekannte und international angesehene Preise, darunter den des Münchener ARD-Wettbewerbs, verbuchen.
Das abwechslungsreiche Programm bildete einen glänzenden Abriss ihres Könnens und demonstrierte den Reichtum kompositorischer Stilmittel durch die verschiedenen Epochen hindurch. Der erste Teil des knapp zweistündigen Konzertprogramms widmete sich zwei weitgehend klassischen Sonaten von Beethoven und Brahms. Aber auch die aufbrechende Moderne, an diesem Abend im zweiten Teil vertreten durch ein Werk Sergeij Rachmaninows, fügte sich in den bewusst chronologisch geordneten Konzertverlauf.
Mit der Interpretation der Sonate Nr. 1 F-Dur op. 5 Nr. 1 für Klavier und Violoncello von Ludwig van Beethoven, eröffneten die Künstler den aufregenden Konzertabend. Die gewohnte kapriziöse Leichtigkeit und Eleganz, die so vielen Streichersonaten Beethovens innewohnt, prägten auch dieses Werk und verbanden die drei transparent und ausdrucksstark vorgetragenen Sätze Adagio sostenuto – Allegro. Rondo - Allegro vivace zu einer Einheit, die von simplen und dennoch einprägsamen, gewaltigen Themenköpfen beherrscht wurden.
Klare Rollenverteilung determinierten das Klangbild des ersten Satzes und wiesen dem Klavier die dominante Rolle im musikalischen Dialog zu. Die dabei mit höchster Virtuosität und faszinierender Leichtigkeit gespielten Cellopartien erschufen lyrische Klangwelten, die sich durch flächiges zartes Klavierspiel voll entfalten konnten. Extatische Momente kamen dabei ebenso zu Gehör wie elegische Melodien, die wiederum durch Hörrs oszillierendes Spiel, mit dem er den Bogen über die Saiten seines Instrumentes schnellen ließ, greifbare Plastizität erfuhren. Das folgende sanfte Allegro zeichnete sich durch eine gleichberechtigte Anteilnahme beider Instrumente und gesanglich wirkende Passagen aus. Schon in diesem ersten Werk wurde die facettenreiche Gestaltungsgabe des Cellisten deutlich, die er auch vollkommen auszureizen verstand. Schließlich bildete das finale Rondo, indem sich seine jugendliche Leidenschaft und Vitalität durch spritzige Pizzicati manifestierten, einen würdigen Abschluss dieser Komposition. Die nun eigentlich folgende Arpeggione-Sonate D 821 von Schubert musste wegen des Krankheitsfalles Steckels entfallen. Als würdige und musikalisch ebenso anspruchsvolle Alternative wurde dem Publikum die Sonate Nr. 1 e-moll aus der Feder Johannes Brahms‘ präsentier.
Seine Sonate für Violoncello und Klavier stellte innerhalb des Konzertverlaufs das Scharnier zwischen zurückgelassener Hochklassik und sich formierender Moderne dar. Die für den deutschen Komponisten so originellen, weitausladenden Themen brachten hauptsächlich das tragische Element zur Geltung und bedienten sich dabei zumeist den tieferen Klangregistern des Saiteninstrumentes. Auffällig und bemerkenswert dabei die prägnanten Oktavintervalle.
Der tänzerische zweite Satz, ein Menuett, beleuchtete dann auch endlich die hohen und mittleren Klangregister, die bis jetzt zumeist ausgespart wurden. Einen ersten Höhepunkt des Abends stellte bereits der letzte Satz dieser Sonate dar, der mit seinem kontrapunktischen Charakter und einer polyphon anmutenden Stimmführung die Konzertbesucher mitzureißen verstand.
Die letzte planmäßige Aufführung des Konzertabends stellte die Sonate g-moll op. 19 von Sergeij Rachmaninow dar, die 1901 komponiert wurde.
Der bis jetzt zumeist zurückhaltende Pianist Paul Rivinius rückte nun mehr in den Mittelpunkt, da das Klavier durch den spätromantischen, russischen Komponisten mit ausgiebigen, themenverarbeitenden Sequenzen bedacht wurde. Seine elegante und gewandte Anschlagstechnik und die beim Spiel zur Gänze ausgereizte Klaviertastatur erschufen alle nur denkbaren Stimmungen ließen die Melodien sich, fast vollkommen unabhängig vom Celloklang, im Konzertsaal erheben. Der melodische Spielball der miteinander wetteifernden Kontrahenten wurde sich abwechselnd be- und entspannend zugeworfen, immer das Spiel und die an den Tag gelegte Intensität des Kollegen im Auge behaltend.
Rivinius überzeugte immer wieder durch sein fein nuanciertes, niemals grob wirkendes Spiel, obwohl drastische und auch exzessive Elemente Teil der hochromantischen Darbietung waren. Anschaulich und in aller Deutlichkeit hörbar wurde dem Hörer in dieser Komposition die Dehnbarkeit des tonalen Systems aufgezeigt, die Rachmaninow als Kind seiner Zeit weitestgehend beeinflusste. Nach einem zarten zweiten Satz, der mit langen, spannenden Tönen des Cellos das perlenden Klavierspiel überspannte, folgte ein gehendes Andante, gefüllt mit standardisierten romantischen Phrasen, die jedoch durch Hörrs kontemplative Innigkeit beim Vortrag gespannt und nicht ermüdend wirkten.
Das schließende Allegro mosso, gleichsam der Abschluss des Abends, lenkte den Fokus noch einmal auf die betörende und meisterliche Fingerfertigkeit des Cellisten und leitete, unter voller Ausreizung der Dynamik und Lautstärke, die finale Kadenz ein und beendete den Abend mit kraftvollen fortissimo Akkorden. Das Publikum forderte durch nichtendenwollenden Applaus gleich zwei Zugaben, die gerne gewährt wurden. Ein Mitschnitt dieses Konzertes wird am Sonntag, 3. April um 20.05 Uhr auf Hr2 Kultur zu hören sein.




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Unbekannte Lieder namhafter Künstler

Alsfeld Musik Art: Liederabend mit Monika Eder und Gerold Huber bot Demonstration des Könnens der Musiker

Alsfeld (ruh). Seit langem wieder fand in der Reihe „Alsfeld Musik Art“ ein Liederabend statt, der das Konzertpublikum mit selten zu hörenden Liedern und Canzonen erfreute. Das fünfte Saisonkonzert bot mit seinem rein vokalen Programm abwechslungsreiche Darbietungen und Interpretationen, die die in Ziegenhain wohnhafte Künstlerin Monika Eder einfühlsam vorzutragen verstand. Ihr zur Seite stand als kongenialer Partner der vielgerühmte und erfolgreiche Pianist Gerold Huber, der durch dezentes und kontrolliertes Klavierspiel den Liedern einen würdigen und fulminanten Rahmen verlieh.
Konzerte mit klassischer und romantischer oder barocker Musik finden, auch in „Alsfeld Musik Art“, genügend Raum, Musikliebhabern mit meist bekannten Kompositionen alter Meister aufzuwarten. Umso gelungener dann, wenn ein ganzes Konzertprogramm sich den weitgehend der Öffentlichkeit entrückten Liedern und Gesangskompositionen namhafter Komponisten widmet.
Die Besucher der vollbesetztenAula der Albert-Schweitzer-Schule konnten sich von dem musikalischen Reigen überzeugen.
Die beiden Künstler, für die dieses Konzert ihr erstes gemeinsames Projekt darstellte, blicken auf eine erfolgreiche Vergangenheit zurück: Eder konzertiert regelmäßig mit renommierten Dirigenten und Orchestern, worunter der Bachchor Leipzig beispielhaft genannt sein soll. Der mehrfach internationale Preisträger Huber spielt ebenfalls regelmäßig in namhaften Konzerthäusern Europas und gilt dem hessischen Rundfunk -für das Zustandekommen des Duos Eder -Huber mitverantwortlich - als bester Klavierbegleiter Deutschlands.
Den Konzertauftakt markierte das im Jahre 1895 komponierte Leid „Es muss ein Wunderbares sein“ von Franz Liszt, der allgemeine Bekanntheit ob seiner manchmal ungeahnten Wendungen und bizarr wirkenden harmonischen Durchführungen genießt. Durch die schlicht dargebotene und einprägsame Melodie des Liedes, höchst impulsiv und lebendig dank Eders herausragender Gestaltungstechnik, konnten die Hörer sich auf den folgenden Konzertabend einstimmen. Eine weitere Demonstration ihres Könnens bot Eder mit dem folgenden „Oh, quand je dors“, ebenfalls von Liszt vertont, aus der Feder des französischen Romantikers Victor Hugo. Hingebungsvoll vorgetragen und äußerst präzise abgestimmt erforderte das Werk der Sängerin prägnante Höhen und warme Tiefen ab, um dem Charakter des Trauerliedes gerecht zu werden. Auf diese Art gestaltete sie sowohl die Kraft und Heftigkeit einerseits als auch die zarten Trauertöne der Partitur andererseits eindrücklich. Immer wieder durch Pausen des Klaviers ohne klingenden Grund zurückgelassen, schallte die geschulte Sopranstimme der Künstlerin durch den Saal.
Gerade das letzte Lied aus dieser Reihe, „Mignons Lied“, übertraf alle vorangegangenen Stücke an sprachlicher Deutlichkeit und interpretatorischem Facettenreichtum. „Kennst du es wohl?“ diese Frage wurde dem verwunderten Publikum gleich mehrfach entgegengeschleudert und bildete die sehnsuchtsvolle Kernfrage der schwärmerischen Komposition.
Neben aller gestalterischen Mühe vergaß sie auch im sparsamen Rahmen der konzertanten Aufführung Bühnenpräsenz und Mimik keineswegs. In diesem ersten Teil des abwechslungsreichen Programms überzeugte Eder mit ihrem leuchtenden, in höheren Lagen ausgeglichenen Mezzosopran.Tieferen Partien mit größerem Anspruch an leiblicher Anstrengung war jedoch zu Beginn weniger Erfolg beschieden, entbehrten sie Klarheit und Brillanz.
Der darauffolgende Block bot dem verzückt lauschenden Publikum sechs Lieder von Franz Schubert, dem bekanntesten deutschen Vertreter dieses Genres. Spätestens an dieser Stelle wurde deutlich, wie sehr das Duo Eder und Huber aufeinander eingespielt war. Der Liedbegleiter nahm jede Farbnuance auf, unterstützte, entwickelte weiter und gab intensive Impulse, die wiederum von sängerischer Seite dankbar aufgegriffen wurden und sich so zu einem Miteinander entwickelten.
Nach der traditionellen Pause folgte ein moderneres Programm, dass auch dem Publikum konzentrierte Aufmerksamkeit und geschulte Geduld abverlangte. Die „Sieben frühen Lieder“ Alban Bergs, komponiert in den Jahren 1905 bis 1908, bildeten den folgenden, in spätromantischer Klangsprache gefassten Block. Diese selten zu Gehör gebrachten Werke des österreichischen Komponisten waren allesamt melancholischer Natur und beleuchteten auch die finsteren Seiten menschlicher Liebe. Das erste dargebotene, von Berg selbst jedoch zuletzt vertonte, Lied „Nacht“ überraschte so durch bitonale Voranschreitung und ungewohnte Gegenstimmlichkeit zwischen Klavier und Singstimme.
Eine genau abgestimmte Mimik und eine leidenschaftlich vitale Körperhaltung unterstrichen Hubers Gestaltungsgabe innerhalb der unterschiedlichsten Stimmungen, die sich nicht nur allein durch Wohlklang oder Dissonanz definierten. Sichtbare Freude bereitete es dem Pianisten, die finalen Töne, sanft und gespannt niederdrückend, hinauszuzögern.
Den letzten Programmpunkt stellten vier Lieder Richard Strauß‘ dar, von denen das „Ständchen“ heute das bekannteste Lied ist. Monika Eder näherte sich diesen ebenfalls spätromantischen, gefälligeren Beiträgen des Abends mit der erforderlichen Expressivität in den Akzenten, die, voneinander abgegrenzt durch instrumentale Zwischenspiele, nötig war. Mit Temperament, Humor und Tiefgang zog sie das Publikum in ihren Bann. Den höchsten Ton des Abends jedoch bis zum letzten Stück „Cäcilie“ aufsparend, schraubte sich ihre Stimme fast pathologisch immer weiter in die Höhe und beendete das Konzert als glänzende Darbietung sängerischen Könnens. Das geneigte Auditorium dankte es mit tosendem Applaus und Bravorufen und forderte sogar zwei Zugaben, die schnell gewährt wurden.




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Auf musikalischer Reise durch verschiedene Epochen

Konzert von Alsfeld Musik Art mit Wally Hase (Querflöte) und Thomas Wellen (Klavier)

Alsfeld (ruh). Auch im vierten Saisonkonzert der Reihe „Alsfeld Musik Art“ konnte wieder einmal mit verdienten Musikern internationaler Klasse aufgewartet werden. In der neuen Aula der Albert-Schweitzer-Schule boten Prof. Wally Hase, Querflöte, und Thomas Wellen, Klavier, auf ihren meisterlich beherrschten Instrumenten einen interessanten Abriss quer durch die neuere Musikgeschichte der letzten drei Jahrhunderte dar, der eindrucksvolles Zeugnis ihrer polymorphen Gestaltungstechnik ablegte.
Mit dem Auftritt der beiden Künstler am Sonntagabend betraten wieder einmal hochgeehrte und mehrfach mit internationalen Preisen und Stipendien ausgezeichnete Interpreten die heimische Bühne. Das Duett verbindet, über den jeweils beiden verliehenen „Leopold“-Preis der deutschen Schallplattenkritik hinaus, ihre gemeinsame Tätigkeit an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar, an welcher beide eine Lehrtätigkeit wahrnehmen: Frau Prof. Hase eine ordentliche Professur für Flöte und Thomas Wellen einen Lehrauftrag für Klavier. Das beide Meister ihres Faches sind, darüber bestand während des Konzertverlaufs kein Zweifel, wurden doch alle Facetten ihrer beiden mit großer Intensität und Leidenschaft bespielten Instrumente, in voller Ausreizung ihrer natürlichen Grenzen, deutlich.
Mit Kompositionen verschiedener Epochen gaben die Konzertanten eine Auswahl ihres differenzierten und reichen Repertoires, welches das verzückt lauschende Publikum mit gänzlich unterschiedlichen Stilen und kaum fassbaren Klangwelten kontemporärer Komponisten konfrontierte. So wurden Werke gewohnt harmonischer Fortschreitung von Mozart und Schubert ebenso überzeugend zu Gehör gebracht wie ein hochromantisches Werk Regers und eine ätherischer Einrückung preisgegebene Komposition Messiaens. Ein Höhepunkt des Konzertabends markierte wohl die belebte Uraufführung einer Sonate von Holger Prytz (*1928) für Flöte und Klavier, die er 1959 komponiert und nachträglich der Solistin des Abends, Wally Hase, gewidmet hat.
Den Konzertauftakt markierte dann eine Sonate in C-Dur KV 14, des österreichischen Wunderkindes Wolfgang A. Mozart, welches er ursprünglich für Cembalo mit Begleitung eines unbestimmten Melodieinstrumentes komponierte, schließlich aber doch für Flöte verbindlich festlegte. Das in drei Sätzen angelegte Werk führte dem aufmerksamen Hörer Mozarts ungezwungene, kapriziöse Leichtigkeit vor Ohren, die seinem Gesamtwerk so eigen ist und seinem Stil unverkennbare Prägung verleiht. Humoreske, disharmonische Imitationen fanden darin ebenso Platz wie tragische Wendungen. Besonders dabei trat Pianist Thomas Wellen in Erscheinung, der mit seiner perlenden Spielweise und seiner geschulten Fingerfertigkeit seiner Partnerin auf prickelnde Weise kongenial zur Seite stand. Hase überzeugte wiederum mal durch in wilden Tempi ausgespielte Triller, mal durch expressive Themeneinwürfe, insbesondere im zweiten Allegro des mit hingebungsvoller Dynamik vorgetragenen klassischen Oeuvres.
Der nun folgende Satz Max Regers „Romanze in G-Dur“ ermaß gleich zwei Dimensionen kompositorischer Machart. Waren die Klavierparts des einsätzigen Werkes (Allegretto grazioso) im bewegten Dreiertakt säumig schwingender Natur, so entwickelte sich daraus eine graziös voranschreitende Bewegung, vornehmlich in den Zwischenteilen der Flöte. Weiterhin fanden auch in diesem Werk frische, fein aufeinander abgestimmte Kontrapunktik und, ganz nach Regers modulationsliebender Art, drängende Akkordverbindungen genügend Platz, die dem hochromantischen Duett sein ganz eigenes, unverkennbares Profil gaben.
Sicherlich gelangte das Konzertprogramm des Abends mit der sehnlich erwarteten Uraufführung einer Sonate des dänischen Komponisten Holger Prytz zu einem erstmaligen Höhepunkt. Der 1928 geborene Musikschöpfer hat seine Sonate in a-moll als dreisätzige Komposition angelegt und mit ihrer an diesem Abend nun zum ersten Mal öffentlich vorgetragenen Ausfertigung zeitgenössischer Tonmalerei eine durchaus hörenswerte und mehrschichtige Synthese moderner Atonalität einerseits und klassisch inspirierter harmonischer Entwicklung andererseits erschaffen. Die phantasieartige Melodieführung der Flöte zu Beginn unterstrich erneut Hases virtuoses und superb nuanciertes Spiel, das durch innig nachvollzogene Interpretation zum ungewohnten Klangerlebnis wurde. Pentatonische Elemente fanden darin ebenso Eingang wie plötzlich sich auftuende Generalpausen, die belebenden Charakter und merkliche Anspannung parallel zu erzeugen verstanden. Nach dem elegischen, leicht melancholisch anmutenden zweiten Satz (Adagio con moto) setzten die beiden Musiker mit dem letzten Allegro eine weitere musikalische Duftmarke. Ekstatische Melodieläufe gesellten sich zu faszinierenden Dissonanzen und verbanden sich, in peitschenden, variierenden Tempi vereint, zu einer mitreißenden Mélange aus kraftvollen Harmonien und erregenden, ungewöhnlichen Akkorden. Die mit unglaublicher Präzision und höchstmöglicher Konzentration musizierten Solopartien, die beiden Instrumenten im Verlauf der Sonate reichlich zugedacht waren, begeisterten ungemein. So wurde die vollbrachte konzertante Herausforderung mit ausführlichem Beifall durch das beseelt lauschende Auditorium bedacht, das mit solchen Klängen auf das nun folgende Konzertprogramm vorbereitet wurde, widmete sich dieses doch vermehrt Musikbeiträgen unseres Jahrhunderts.
In noch gewohnt romantischer Manier setzten die beiden Künstler das Konzert mit zwei arrangierten Liedern Schuberts fort, die, in ihrer gegensätzlichen Stimmung, den Künstlern sehr verschiedenartige Interpretationen abverlangten. War Schuberts „Gute Nacht“ trübselig und wehmütigen Charakters, belebte hingegen die frische, vitale Machart der „Taubenpost“ und strahlte jugendliche Leidenschaft aus. Wellens motorische Floskeln gaben dem Ganzen sein arienhaftes Gepräge, die Spielart seiner Partnerin jedoch immer im konzentrierten Blick behaltend und gegebenenfalls unkonventionell reagierend. Mit moderat moderneren Stücken Franz Dopplers und Daniel Linton-Frances wurden dann endlich die bekannten Klangwelten unter voller Ausnutzung der gesamten Klaviertastatur verlassen und kontrastierten mit der klassisch-romantischen Harmonielehre.
Ein weiterer Höhepunkt an diesem Abend stellte die Aufführung Olivier Messiaens „Le merle noir (Die schwarze Amsel)“ dar. Die gänzlich anderen Klänge der rhapsodischen Darbietung führten das Publikum auf eine neue Ebene der subjektiven Wahrnehmung. Allein die Aufführungspraxis erregte verwunderte Aufmerksamkeit. Hase machte sich, mit ihrer Flöte in den aufgeklappten Flügel beugend, die schwingenden Obertöne des Klaviers zu Nutze und erschuf somit sphärisch vibrierende Klänge, die eine zerreißende Spannung im Saal erzeugten. Ein häufig verwendetes Motiv des französischen Komponisten, die ausführlich verzierte, mal zerknirschte Imitation der Vogelstimme, spielte die Flötistin überzeugend und brillierte in spritziger Schnelligkeit auf ihrem Instrument.
Zum Abschluss war noch eine Sonate in D-Dur Gnatalis zu hören, die, 1974 komponiert, Jazzelemente in die Kammermusik mit aufnahm. Das heiter-beschwingte, finale Allegro zeichnete sich durch süffisante Melodien und anspruchsvolle Einwürfe aus, das zu einem unbändigen Wettstreit beider Instrumente heranwuchs. Der kunstvoll-gelungenen Abschluss des Konzerts wurde mit langanhaltendem Beifall durch das geneigte Publikum honoriert. Eine Zugabe, Carl Nielsens simpel gestaltetes Werk „Der Nebel steigt“, wurde schnell gewährt und beendete den zweistündigen Konzertabend als rauschendes Klangerlebnis.




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Krönungsfeier für Könige und Königinnen des Jazz

Alsfeld Musik Art: The Trevor Richards Classic Jazz Quartett mit Denise Gordon als Star-Gast in der Alsfelder Stadthalle

Alsfeld (ck). Es ist immer wieder ein großes Erlebnis, den Vertretern des klassischen New Orleans Jazz, in der Formation mit Trevor Richards am Schlagzeug, John Defferary an Klarinette und Saxophon, Simon Holliday am Piano sowie dem Trompeter Herbert Christ zuhören zu dürfen. Kommt dann noch eine Gospel- und Jazzsängerin von der Qualität einer Denise Gordon hinzu, dann sind die äußeren Umstände für einen hochkarätigen Konzertabend nahezu perfekt. So auch am vergangenen Samstagabend in der Alsfelder Stadthalle, die seit langem wieder einmal einem Konzert in der Reihe “Alsfeld Musik Art“ den Rahmen bot. Es lässt sich nicht leugnen, dass die neuen Betreiber doch einige recht geschickte Veränderungen in Form von Wand- und Deckenverkleidungen vorgenommen haben, die diesem Alsfelder Veranstaltungsraum den doch immer sehr nüchternen Turnhallencharakter nehmen. Auch die Bühnenausleuchtung mit farbigen und weißen Spots, die das musikalische Geschehen verfolgten und unterstrichen, zeigt die Ambitionen, mit denen die neuen Betreiber ihre Aufgabe wahrnehmen.
Vor etwa 250 Jazzfreunden beginnt das Konzert mit den ersten acht Takten der Erkennungsmelodie, die auch beim New Orleans Trio immer wieder zu hören ist: “Do You Know What It Means, To Miss New Orleans!“ (Du weißt, was es bedeutet, fern von New Orleans zu sein.) Gefühlvoll am Klavier von Simon Holliday begleitet, findet Trevor Richards die richtigen Worte, um das Publikum auf den Abend einzustimmen und zum ersten Titel des Abends überzuleiten: Freddie Keppards “Stockyard Strut“, bei dem zum ersten Mal an diesem Abend das Können der Musiker aufblitzt. Verblüffend immer wieder für jeden Laien, aber auch den versierten Jazzhörer, nach welchen Regeln dieses beinahe mühelos erscheinende Zusammenspiel der einzelnen Instrumente sowie der solistischen Einlagen erfolgt. Dass dieses Konzert ein sogenanntes Themenkonzert ist – gewidmet den großen Jazzmusikern von New Orleans, eben den Kings and Queens genannten Großen des New Orleans Jazz wie “King“ Oliver, Sidney Bechet, “King“ Keppard, “King“ Bolden, Mahalia Jackson, Lizzy Miles oder Blue Lu Barker – bringt Trevor Richards in seiner Funktion als Bandleader und moderierender Schlagzeuger überzeugend zum Ausdruck. Bevor er sich ganz dem Schlagzeug widmete, hatte er Literatur- und Musikwissenschaften studiert. So kann er aus profundem Wissen und eigener Erfahrung heraus – schließlich lebte er beinahe vierzig Jahre in New Orleans – lebendig und anschaulich die Entstehungsgeschichte und Aussage der Jazzballaden und Jazzstandards vor den Augen und vor allem Ohren der Besucher neu entstehen lassen. Doch auch die Mitspieler tragen mit ihrem instrumentalen Können dazu bei. Was hier so mühelos und beinahe spielerisch erscheint, ist in Wirklichkeit das Ergebnis unendlichen Übens von Kindes Beinen an, getragen aber auch von der Liebe zu dieser Musik, die ihren Ursprung in der kreolischen, aber auch der afroamerikanischen Musik der frühen Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat. Und so folgt der Reigen der Stücke wie “High Society“, “Mood Indigo“ oder “Cornet Shop Suey“, einer Komposition von Louis Armstrong für Klavier und Trompete. Nicht nur an dieser Stelle verstand es Herbert Christ, etwas vom Sound der Jazz-Trompete Louis Armstrongs wiedererstehen zu lassen.
Und dann der Auftritt einer noch lebenden „Königin“ des New Orleans Jazz: Denise Gordon, einer weiteren Vollblutmusikerin dieses Abends. Ihre Stimme umfasst alle Varianten, die im Jazz gefordert sind, von seelenvoll weich und schmelzend über mächtig und ausdrucksvoll, immer untermalt von Gestik, Mimik und Bewegung. Alle diese Fähigkeiten, mit denen sie das Publikum bezaubert, legt sie bereits in das erste Stück: “I Ain`t Gonna Give Nobody None O`This Jelly Roll“. Im ständigen Wechselspiel zwischen Gesang und Instrumentalsoli folgen die weiteren Stücke, Klassiker des New Orleans Jazz wie „Don‘t You Feel My Leg“, oder “Don‘t Mean A Thing“, bei dem sie ein stimmliches Feuerwerk in der Manier einer Ella Fitzgerald abbrennt, den Text teilweise nur noch vokalierend.
Die Melodien der einzelnen Stücke werden meist getragen von Klarinette und Trompete. Auffällig, wie die Trompete die Melodie führt, während die Klarinette in reich verzierten Läufen eine Gegenmelodie zelebriert. Diese “Zwiegespräche“ zwischen John Defferary und Herbert Christ, geben dieser Musik ihren besonderen Charme. Die Rhythmusgruppe mit Klavier und Schlagzeug, Simon Holliday und Trevor Richards, setzt ihre eigenen Akzente nicht nur in der Begleitung, sondern vor allem auch durch überzeugende Soli. Mit der „Bourbon Street Parade“ und der Erkennungsmelodie „Do You Know What It Means To Miss New Orleans“, die immer einen Hauch von Melancholie in sich trägt, endet dieser den Kings und Queens von New Orleans gewidmete Konzertabend. Nicht ohne eine Zugabe, den „Saints“, aber mit Standing Ovations entlässt das dankbare und begeisterte Publikum die Künstler.




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So hat Kammermusik Zukunft

Alsfeld Musik Art: Konzert mit dem Signum Quartett

Alsfeld (la). So hat Kammermusik begeisternde Zukunft: mit dem Auftritt des jugendlich-frisch musizierenden und dabei alle Facetten instrumentaler Darbietungskunst auf exzellentem Niveau ausreizenden "Signum Quartetts" - eines Streichquartetts von zwei jungen Frauen und Männern - unterstrichen die vier Interpreten jetzt auch in Alsfeld beim zweiten Saisonkonzert von "Alsfeld Musik Art" eindrucksvoll ihre kongeniale interpretatorische Klasse. Das Engagement des hochklassigen jungen deutschen Streichquartetts reihte sich dabei nahtlos in eine langjährige Tradition von "Alsfeld Musik Art" ein, wurden doch die vier erst seit 2007 gemeinsam auftretenden Solisten - Kerstin Dill (Violine), Annette Walther (Violine), Xandi van Dijk (Viola) und Thomas Schmitz (Violoncello) - in den vergangenen Jahren bereits mit einer Reihe von internationalen Kammermusikpreisen bedacht. Seit seiner Gründung habe sich das Quartett zum Ziel gesetzt, so ist der Programmbeilage des Alsfelder Konzerts zu entnehmen, dem Anspruch dieses Genres durch ein höchstmögliches Maß an Ausdruck, Lebendigkeit und Hingabe gerecht zu werden. Dass diese hehren Zielsetzungen keineswegs eine Anmaßung beinhalten, dies wurde den an die 200 Musikliebhabern am Samstag Abend in der fast vollbesetzten Aula der Albert-Schweitzer-Schule beim Konzertauftritt der vier Solisten in kammermusikalisch schönster Weise zu Gehör gebracht: mit Streichquartetten von Robert Schumann (1810 - 1856), Jörg Widmann (geb. 1973) und - nach der traditionellen Pause - von Ludwig van Beethoven (1770 - 1827). Komponist Jörg Widmann hatte den ausführenden Künstlern bereits vorab, wie auch ihrer Homepage zu entnehmen ist, seine fachmusikalische Referenz erwiesen: "Das Signum Quartett stellt aufgrund seiner Qualität eine Ausnahmeerscheinung dar, die höchste Aufmerksamkeit verdient." Mit der Interpretation des Eingangsstückes, des Streichquartetts F-Dur op. 41 No. 2 (1842) von Robert Schumann, überbrachten die vier durchgehend auch ästhetisch kultiviert musizierenden Künstler dem deutschen Komponisten gleichsam auch Glückwünsche zu dessen 200. Geburtstag in seinem Jubiläumsjahr 2010. Das Schumann´sche Streichquartett ist eines seiner lediglich drei Streichquartette und wurde vom Komponisten ins pastorale F-Dur gesetzt. Und so bezauberten die vier Musiker schon sogleich ihr beseelt lauschendes Auditorium mit lyrisch-filigranen Klangwelten auf ihren Saiteninstrumenten, wobei schon beim einleitenden anmutigen Allegro Kerstin Dill eine erste musikalische Duftmarke großartiger Violinspielkunst setzte. Wie dann der weitere Konzertverlauf nachhaltig und bei den jeweiligen ihre Saiteninstrumente besonders herausfordernden Passagen unterstrich, standen aber auch Violinistin Annette Walther, Xandi van Dijk (Viola) und Thomas Schmitz (Violoncello) ihrer ersten Violinistin musikalisch-kongenial zur Seite: jeder für sich mit meisterlicher Spielkunst auf seinem Instrument - sei es, wo gefordert, mit gebührender Emphase, sei es, insbesondere beim Viola- und Cellospiel, mit gekonnt-gefühlvollen Pizzicati, aber auch mit faszinierender Leichtigkeit dargebotener Spielkunst höchster Virtuosität, noch dazu bei höchsten Tempi und bei Ausreizung voller Dynamik und Klanggestaltung. Das Schumann´sche Streichquartett, in dem der liedhafte zweite Satz (Andante, quasi variazoni) vom Komponisten als umfangreicher Variationensatz mit seinem "Reiz im Besonderen aus der Polarität von Wogen und Drängen auf der einen, Gestautwerden oder Zögern auf der anderen Seite" (Windisch-Laube in der Programmbeilage zum Konzert) ausgestaltet war, schloss mit zwei höchst vital und dynamisch ausgestalteten schnellen Sätzen: einem vibrierenden Scherzo mit einem anmutig-lieblichen Cello-Part von Thomas Schmitz im Mittelteil, das aufgrund seines Reichtums an Figurationen hohe Spielkunst insbesondere der Violinen erforderte, und einem vom Signum Quartett mitreißend intonierenden Finalsatz mit in der Violine wiederholt unruhig auf und abflatternden Sechzehnteln - rhythmisch von den übrigen Instrumenten untermalt, und mündend in Passagen der Durchführung mit einem prägnanten und mehrfach intonierten Oktavsprung mit nach unten rollenden Sechzehnteln: Konzertphasen, die Höchstkonzentration aller Musizierenden erforderlich machten. Die vier Solisten meisterten aber diese konzertante Herausforderung mit beeindruckender Bravour und
jugendlicher Leidenschaft, dabei auch stets das Spiel ihrer Partner im Auge behaltend: ein Auftritt facettenreichens Miteinanders in fein nuanciertem gemeinsamen Musizieren, hinreißend begeisternd. Das geneigte Publikum anerkannte den ersten Konzertbeitrag denn auch verdientermaßen mit großem Beifall. Noch vor der Pause wurden dann die Besucher einem für Liebhaber klassischer Klangwelten eher ungewohnten Konzertbeitrag bekannt gemacht: dem Streichquartett Nr. 2 ("Choralquartett") (2003, rev. 2006) des bereits erwähnten zeitgenössischen Komponisten Jörg Widmann (geb. 1973). Näheres hierzu erläuterte Quartett-Violinistin Annette Walther. Jörg Widmann sei eine Persönlichkeit, "die heutzutage wahnsinnig gefragt" sei. Mit den Worten, seine Person vereine "Leidenschaft und Intensität, Verlässlichkeit, Stärke und Energie", unterstrich Walther stellvertretend für ihre Mitsolisten den hohen Stellenwert, der Jörg Widmann in der musikalischen Weiterentwicklung des Signum Quartetts zukomme. Man habe "großes Glück" gehabt, dass Widmann - weltweit unterwegs, um Konzerte zu geben - bei ihrer Suche nach einem Termin den Solisten "eine Nachtstunde zugestanden" habe. Besonders beeindruckt sei man davon, wie sehr Widmann, ohne Ermüdungserscheinungen zu zeigen, "in seiner Musik drin sei." Er habe dem Quartett viele Dinge nahe gebracht, dies mit Blick auf Widmanns Sinnlichkeit, Sensibilität und vieles andere. Die nun aufgeführte Komposition Widmanns, so Annette Walther, werfe viele Fragen auf, was einem auch sehr nahe komme. Sein Schaffen zeige dabei auch eine Möglichkeit auf, in ganz andere Sphären zu gelangen. Mit gespannter Aufmerksamkeit lauschten dann die Besucher den eher ungewohnten, um nicht zu sagen, gewöhnungsbedürftigen Klängen, die das Signum Quartett in der Abfolge in das Konzertambiente zauberten: hier ging es den Intentionen des Komponisten zufolge nämlich nicht um wohlgefällige Musizierkunst, im Fokus standen vielmehr musikalische Erlebniswelten ganz besonderer Art - dies mit Blick auf Zurückgezogenheit ins Ich, Meditatives und "kontemplative Innigkeit", so Windisch-Laube. Und so waren es dann die mit den vier Streichinstrumenten zumeist höchst filigran und mit zumeist unkonventioneller Spieltechnik herausgearbeiteten Klänge - wie zum Beispiel beim Anstreichen der Saiten -, die der Gedankenwelt der versonnen lauschenden Besucher weiten Raum boten. Für die Interpretation des Gehörten hatte der Komponist sein Streichquartett Nr. 2, übrigens eine Auftragskomposition, mit "sehr langsam, tastend, suchend" charakterisiert. Bequem sich beim Zuhören zurücklehnen war allerdings nicht angezeigt, dies in Anbetracht des Effekts schöner Schocker im Sinne kunstwerklicher Paukenschläge, so die Beschreibung in der Programmbeilage. In nicht nur Anlehnung, sondern auch Abgrenzung zu den Kompositionen seines Mentors Hans Werner Henze entwickelte Widmann dabei auch eine ganz individuelle Klangsprache. Nach der Pause gelangte das zweite Saisonkonzert von Alsfeld Musik Art dann wieder in gewohnt-klassisches Fahrwasser zurück: mit der Aufführung des Streichquartetts Nr. 12 Es-Dur op. 127 (1825) von Ludwig van Beethoven mit den Sätzen Maestoso - Allegro teneramente, Adagio, ma non troppo e molto cantabile, Scherzando vivace - Presto und Finale - Allegro con moto. Das Werk, dessen vier Sätze auch in der Interpretation des Signum Quartetts überaus transparent als ein herausragendes Werk Beethovens von hoher geistlicher Einheitlichkeit und Dichte dargeboten wurde - dies dank der feinen thematischen Beziehungen der vier Sätze untereinander - gelangte in der großartigen Interpretation der vier Solisten zu einem überwältigenden Klangerlebnis instrumentalsolistischer Darbietungsklasse: sei es beim kraftvoll intonierten Maestoso des 1. Satzes, dem elegischen und an Variationen reichen 2. Satz mit auch schönem Violinen-Dialog, gleichsam erhabene Kontemplation verströmend, dem Scherzo des 3. Satzes unter Themenaufgreifung des langsamen Satzes und natürlich beim Schlusssatz mit konvergierend-erregender Steigerung im Schlussstück, der Coda des lyrischen Duktus. Das geneigte Konzertpublikum bedachte die Aufführung des Signum Quartetts mit langanhaltendem begeisterten Beifall. Das Quartett gab dann noch eine, sogar längere, Zugabe: das "Chrysanthemen-Streichquartett" von Giacomo Puccini.




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Franz Liszt in heiter-feurigen Intonationen

Konzert des ungarischen Pianisten Gábor Farkas eröffnete die 22. Spielzeit von Alsfeld Musik Art

Alsfeld (la). Es war der erwartet sehr schöne, wenngleich nicht ganz überragende, Auftakt der 22. Konzertsaison von Alsfeld Musik Art: das Konzert des ungarischen Pianisten Gábor Farkas (29). In unterhaltsamer Leichtigkeit, dabei auch immer wieder eindrucksvoll Virtuosität am Piano intonierend, überreichte der bereits mit zahlreichen Preisen bedachte Künstler seinem geneigten Publikum - insgesamt beachtliche gut 180 Zuhörer in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule - einen farbenprächtigen musikalischen Blumenstrauß: mit Werken von Joseph Haydn, Richard Wagner/Franz Liszt, Franz Liszt und nach der Pause acht Fantasiestücken von Robert Schumann. Einführende Begrüßungsworte zum Auftaktkonzert der 22. Saison sprach Annette Thon, die Vorsitzende des Arbeitskreises "Alsfeld Musik Art". Thon zeigte sich auch erfreut darüber, dass "alle unsere lieben Gäste, unsere Abonnenten des letzten Jahres" wieder zugegen seien: "und dazu noch ein paar neue." "Das macht uns besonders viel Spaß bei unserer Arbeit", so die Bewertung Annette Thons des regen Zuspruchs beim Klavierkonzert. In dieser Saison sei man wieder sehr oft hier im Gymnasium, der Albert-Schweitzer-Schule, zu Gast: "Dafür von allen, die an den Konzerten beteiligt sind, ein herzliches Dankeschön." Von der Stadthalle hierher zu wechseln sei eine "gute Alternative" gewesen. Dies werde "nicht als Notlösung empfunden", sondern man fühle sich hier "sehr wohl und sehr willkommen." "Diese Konzerte können nur stattfinden, weil Sie unsere Zuhörer und Zuschauer sind", so Annette Thon adressiert an das Auditorium. Und die Arbeitskreisvorsitzende schloss ihre kleine Ansprache mit dem Appell: "Kommen Sie häufig zu den Konzerten,, werben Sie andere, vielleicht Freunde, als Abonnenten." Thon ermunterte die Anwesenden auch, dem Förderverein von Musik Art beizutreten, denn dies sei für den Förderverein die einzige Möglichkeit, Sicherheit für die Konzertreihe zu haben - "so dass wir schon jetzt ganz vorsichtig in die 23. Saison blicken." Heute Abend sei ein "ganz hervorragender ungarischer Pianist" hier zu Gast, der 1. Preisträger beim Liszt-Wettbewerb aus dem letzten Jahr, ein Preis, der überhaupt erst dreimal ausgegeben worden sei: "insofern : freuen Sie sich auf einen ungarisch-feurigen Abend", so die verheißungsvolle Ankündigung der Sprecherin. Farkas gewann somit den inzwischen 6. Internationalen FRANZ LISZT Klavierwettbewerb Weimar - Bayreuth (22.10.-01.11.2009) (d. Verf.). In der Abfolge der - von einer traditionell etwa viertelstündigen Pause unterbrochenen - Klavierkonzertaufführung in der Aula wandte sich der in den Medien hochgelobte Pianist zunächst der Sonate h-moll (1776) (Hob. XVI/32) des österreichischen Ausnahmekomponisten der Klassik, Joseph Haydn (1732 - 1809) zu. In beeindruckender Gelassenheit, gepaart mit impressiv leichtläufigem und, wo erforderlich, auch mit hochvirtuosem Spiel - insbesondere später dann bei einigen der mitreißenden Fantasiestücken Schumanns - demonstrierte der Liszt-Preisträger seine spieltechnische Meisterschaft am Klavier. Gelassen-souverän, mit einfühlsamen Kopfbewegungen den Intonationen am Tasteninstrument auch nach außen hin Gesicht verleihend, zunächst die Darbietung des zügigen Allegro-Satzes, gefolgt von dem mit schönen Verzierungen ausgelegten verspielten Menuett, bis hin zum "Presto" mit Steigerung des Klavierspiels zu großer Dynamik und Virtuosität: dem Pianisten bereitete all dies keinerlei Mühe. Erregend gestaltet die Klavierdarbietung von Gábor Farkas auch in Anbetracht der Klangaussage des Satzes, geprägt von zunächst hastender Motivik über zunehmend Kraft gewinnenden mitreißenden Schwung und letztlich mündend in einem kraftvoll-furiosen Finale. "Isoldens Liebestod" (komp. 1859, transkr. 18678, rev. 1874) getitelt war das anschließende Klavierstück von Richard Wagner (1813 - 1883)/Franz Liszt (1811 - 1886), in dem Gábor Farkas auch überaus melancholisch-traurige Klangbilder am Klavier zu generieren wusste. Dem Stück liegt thematisch die Schlussszene von Wagners Meisterwerk "Tristan und Isolde" zugrunde, die Liszt für sein Klavierstück transskribierte. Farkas nahm sich dem anspruchsvollen und mit sehr viel Innigkeit ausgestalteten _Stück mit sichtbarer Hingabe an. Im Verlauf der Aufführung steigerte der Pianist seine Darbietung kontinuierlich auch im Sinne zunehmender Dynamik mit einer Abfolge großartiger Klangbilder. Das ergreifende Werk Liszts mündete schließlich zum Ausklang in beseelter und ganz sanfter Harmonie. Weitere von Farkas vorgetragene Klavierstücke bildeten dann - noch vor der Pause und entgegen der Besprechung in der Programmbeilage, worauf Dr. Walter Windisch-Laube aufmerksam machte, das "Ave Maria" für Klavier von Franz Liszt von 1862 mit dem Untertitel "Die Glocken von Rom", und zwar in E-Dur - die "Ungarische Rhapsodie Nr.12 cis-moll (1853), ebenfalls von Franz Liszt und für den Pianisten mit Blick auf seine ungarische Heimat quasi, wie auch zu hören, "ein Heimspiel". Hin und wieder verlieh hier Farkas seinen heiter-feurigen Intonationen durch sogar leichtes Aufspringen vom Klavierstuhl sichtbar Nachdruck. Der eigentlich relativ kurze Konzertteil nach der Pause war der Aufführung von insgesamt acht zeitlich recht überschaubaren, aber dessen ungeachtet sehr hörenswerten Fantasiestücken vorbehalten, nämlich den Fantasiestücken op. 12 (1837) von Robert Schumann (1810 - 1856): "Des Abends", "Aufschwung", Warum?", "Grillen", "In der Nacht", "Fabel", "Traumes Wirren" und "Ende vom Lied". Der 27jährige Schumann habe seine Fantasie, so Dr. Windisch-Laube in der für die Besucher einmal mehr höchst informativ gestalteten Konzertprogrammbeilage, auf die "linke Hemisphäre" des Tonartenkreises beschränkt: "nur innerhalb des ersten Stückes wird zweimal das Gebiet der Kreuz-Vorzeichen gestreift, sie mit dem zu Ende gehenden Tag gleichsam verabschiedet", so die Formulierung in der Beilage. Auch bei der Intonation der kleinen Stücke, die jedoch stets wechselnde Klangcharaktere erforderlich machten, zeigte sich Gábor Farkas stets auf der Höhe der klaviersolistischen Erfordernisse. Vielleicht wäre es jedoch angeraten gewesen, die Pausen zwischen den einzelnen Stücke etwas länger auszugestalten. Farkas gewährte, sich höflich nach dem dankbar-reichen Beifall des Publikums verbeugend, noch eine Zugabe: ein Klavierstück von Chopin. Eine weitere Zugabe gab es jedoch nicht, wurde allerdings auch nicht vom Publikum stürmisch eingefordert.